Die Schweizer Industrie will mehr Einfluss in Bundesbern. Aus Sicht des Verbands Swissmem, der Firmen der Maschinen-, Elektro und Metallindustrie vertritt, ist die Branche im National- und Ständerat heute zu wenig vertreten. Um das zu ändern, hat der Verband im Hinblick auf die Eidgenössischen Wahlen im Herbst eine Kampagne lanciert.
Mehr Praktiker gefordert
«Ziel ist es, die Stimme der Industrie im Parlament zu stärken», sagt Swissmem-Präsident Martin Hirzel (53). Ins Leben gerufen wurde eine Wahlplattform, der sich amtierende Parlamentarier und neue Kandidierende, die selbst aus der Branche kommen oder sich für deren Interessen starkmachen, anschliessen können. Wer darauf ist, wird vom Verband im Wahlkampf unterstützt – zum Beispiel mit Werbung auf Social Media.
«Heute gibt es im Parlament viel zu viele Schreibtischtäter», sagt die Thurgauer SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr (39), die mit ihrem Mann einen Stahl- und Metallbaubetrieb führt. Darum brauche es die Kampagne. «Die Industrie, beziehungsweise das produzierende Gewerbe, finden in Bern zu wenig Gehör.»
Alt Bundesrat macht sich für Industrie stark
Gewählt werden will beispielsweise der Aargauer Yannick Berner (30), der in der Geschäftsleitung der Urma AG sitzt, einer Firma, die Präzisionswerkzeuge herstellt. Die Tech-Industrie mache 30 Prozent der Schweizer Güterexporte aus und beschäftige 330'000 Menschen. «Es darf nicht sein, dass unsere Erfolgsbranche in Bern nicht vertreten ist. Zu viel steht auf dem Spiel», sagt der FDP-Kandidat.
Auch der alt Bundesrat und frühere Unternehmer Johann Schneider-Ammann (71) macht sich für mehr Industrievertreter im Parlament stark. Noch seien die Rahmenbedingungen für die Industrie in der Schweiz besser als anderswo, sagt er. «Aber Bundesbern braucht mehr Industrie-Fans.» Diese würden auch den enormen Wert der Berufsbildung kennen, ergänzt der alt Bundesrat, der in seiner Amtszeit im Ausland jeweils fleissig Werbung für die Schweizer Berufslehre gemacht hatte.
Jede und jeder Fünfte ist Unternehmer
Die Wirtschaft beklagt sich seit Jahren, dass es zu wenig Unternehmerinnen und Unternehmer im Bundeshaus gäbe, die sich fürs Gewerbe einsetzen. Neidisch schielen die Wirtschaftsvertreter auf die mächtige Bauern-Lobby, die wie keine andere Berufsgruppe im Parlament ihre Interessen durchzusetzen weiss.
Tatsächlich hat die Zahl der Unternehmer im Parlament von der letzten auf die aktuelle Legislatur abgenommen. Doch gemäss einer Auswertung der «Handelszeitung» befinden sich unter den 246 National- und Ständeräten noch immer 44 Unternehmer – die meisten politisieren für die SVP. Das entspricht einem Anteil von 18 Prozent.