Die Rechtsexperten des Ständerats haben genug: Die Schweiz soll das Klima-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ignorieren. Die Kommission für Rechtsfragen unter Präsident Daniel Jositsch (59) will, dass das Parlament eine entsprechende Erklärung verabschiedet.
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Der Bundesrat soll den Gremien des Europarats sagen, dass die Schweiz keinen Anlass sieht, dem Urteil weitere Folge zu geben. «Die Schweiz hat schon viel gemacht, um die Klimaziele zu erreichen», so Jositsch. Die bisherigen und laufenden Bemühungen würden dem Urteil genügen.
Der EGMR hatte die Schweiz im April verurteilt, weil sie zu wenig gegen den Klimawandel unternehme. Geklagt hatten die Klimaseniorinnen, ein Verein von über 2500 Frauen über 65 Jahren. Sie seien besonders vom Klimawandel betroffen, machten sie geltend.
Scharfe Kritik von verschiedenen Seiten
Nach dem Urteil schäumten vor allem bürgerliche Politiker: Die SVP forderte daraufhin gar den Austritt der Schweiz aus dem Europarat. Doch auch die grüne alt Bundesrichterin Brigitte Pfiffner (72) kritisierte das Urteil kürzlich in der «Sonntagszeitung» scharf.
Dieser Haltung schliessen sich die Mitglieder der ständerätlichen Rechtskommission nun an. «Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, neue Menschenrechte zu schaffen», so Kommissionspräsident Jositsch. Aber: «Es ist nicht so, dass wir uns um das Urteil foutieren.» Man hinterfrage auch den Wert und die Bedeutung des EGMR nicht. «Das ist keine Kriegserklärung.»
«Ziemlich lächerlich»
Die Kommission hat den Entscheid mit grosser Mehrheit gefällt. Nur drei Ständeräte von SP und Grünen ziehen nicht mit. Es sei «unglaublich», dass die Schweiz dem EGMR Anweisungen erteilen wolle, sagt SP-Ständerat Carlo Sommaruga (64). «Dies ist in der Tat ziemlich lächerlich, aber auch politisch ziemlich beunruhigend.» Nur wenige autoritäre Staaten würden die Entscheidungen des Gerichts nicht umsetzen.
Derzeit prüft der Bund, wie er mit dem Urteil umgehen will. Das Gericht hat keine Vorgaben gemacht, welche Massnahmen ergriffen werden müssen.