Städte haben zu wenig Personal und Zeit
Immer mehr Sozialhilfebezüger mit psychischen Problemen

Trotz sinkender Sozialhilfequoten stehen Schweizer Städte vor neuen Herausforderungen: Sozialhilfeempfänger leiden laut einer neuen Umfrage zunehmend an psychischen Erkrankungen. Die Städte reagieren unterschiedlich.
Publiziert: 29.10.2024 um 09:59 Uhr
Für Sozialdienste seien Menschen mit psychischen Problemen oft komplexe und belastende Fälle. Sie stehen deshalb vor neuen Herausforderungen.
Foto: Pius Koller

Auf einen Blick

  • Sozialhilfequote in Schweizer Städten sinkt
  • Die Zahl psychisch erkrankter Sozialhilfeempfänger steigt
  • Städte gehen damit unterschiedlich um
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Céline ZahnoRedaktorin Politik

Der Anteil der Bevölkerung, der in Schweizer Städten Sozialhilfe bezieht, ist so tief wie schon lange nicht mehr. In zwölf von vierzehn Städten sank 2023 die sogenannte Sozialhilfequote unter das Niveau von 2019. Und in elf Städten liegt sie nun sogar unter dem Niveau von vor zehn Jahren. Das zeigt der neue Bericht der Städteinitiative Sozialpolitik.

Damit setzt sich der rückläufige Trend in den vierzehn untersuchten Städten fort. In fast allen Branchen würden Mitarbeitende gesucht. Wer also arbeitsfähig sei, finde recht schnell eine Stelle, so der Bericht. Das führe dazu, dass in den meisten Städten mehr Leute aus der Sozialhilfe aussteigen konnten, als neu Sozialhilfe bezogen haben.

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Besonders deutlich sinkt die Zahl der Sozialhilfebezüger in Zürich, Bern, Biel, Chur und Wädenswil. In Biel ist die Quote etwa von 9,9 auf 9,3 Prozent gesunken. Die Stadt bleibt aber weiterhin deutliche Spitzenreiterin beim Anteil der Bevölkerung, der Sozialhilfe bezieht.

Psychische Krankheiten fordern Städte heraus

Der Rückgang führt allerdings nicht unbedingt zu einer Entlastung für die Städte: Denn sie betreuen auch einen immer grösseren Anteil von Personen mit psychischen Problemen. Eindeutige Zahlen dazu gibt es zwar nicht. Eine Umfrage bei den Sozialdiensten ergab laut dem Bericht aber folgende Schätzung: Rund ein Viertel ihrer Klienten und Klientinnen seien psychisch so stark belastet, dass sie den Alltag nicht mehr reibungslos meistern können.

«Für die Sozialdienste sind das oft komplexe und belastende Fälle, sie brauchen dafür mehr Zeit», sagt Katharina Rüegg, Geschäftsführerin der Städteinitiative Sozialpolitik zu Blick. Und in vielen Städten würden dafür das Personal und die Zeit fehlen. 

Sprechstunden in Sozialzentren

Sie gingen damit unterschiedlich um: Einige würden das Personal schulen, oder mehr Leute einstellen, so Rüegg. Andere arbeiteten mit psychiatrischen Fachpersonen zusammen, so etwa die Stadt Zürich. Dort werden wöchentliche psychiatrische Sprechstunden in den Sozialzentren angeboten.

Auch Winterthur plant, wie in Zürich Sprechstunden für Sozialhilfebeziehende in den Räumlichkeiten des Sozialdienstes anzubieten. Momentan sei man dafür mit der Psychiatrie im Gespräch – dort würden allerdings die Kapazitäten fehlen. Eine engere Zusammenarbeit wäre wichtig, sagt Doris Egloff, Leiterin Soziale Dienste der Stadt Winterthur. Ansonsten sei das System ineffizient: «Wenn die Leute nicht schneller behandelt werden, dann erschwert dies die Rückkehr ins Berufsleben.»

Viele Alleinerziehende auf Sozialhilfe angewiesen

Die fehlenden Plätze bei psychiatrischen Angeboten seien auch in anderen Städten ein Problem, so Rüegg. 

Neben psychischen Erkrankungen gibt es laut dem Bericht weitere Bevölkerungsgruppen, die ein höheres Risiko haben, auf Sozialhilfe angewiesen zu sein. Darunter sind etwa Jugendliche, Personen mit ausländischer Herkunft und Alleinerziehende. In den vierzehn Städten werden zum Beispiel rund 23 Prozent aller alleinerziehenden Haushalte durch Sozialhilfe unterstützt.


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