Die Stadt Bern hat mehrmals kurzfristig Geld beim internationalen Fussballverband Fifa aufgenommen. Über einen Zeitraum von sechs Jahren waren es 21 kurzfristige Finanzierungen in der Höhe von rund einer Milliarde Franken, wie die Stadt am Freitag mitteilte. Dazu kommen 14 kurzfristige Fremdfinanzierungen für die stadteigenen Anstalten und Sonderrechnungen im Umfang von 0,8 Milliarden Franken. Insgesamt stand Bern also mit 1,8 Milliarden Franken bei der Fifa in der Kreide!
Immerhin: Durch die Negativzinsen hat Bern mit den Fifa-Finanzierungen 3,1 Millionen Franken Gewinn gemacht. Nach Kritik an der Herkunt will die Stadt diese Kredite nun trotzdem überdenken. Denn die Fifa ist immer wieder in Verruf geraten wegen Korruptionsaffären und der Duldung von Menschenrechtsverletzungen wie in Katar – von solchem Geld zu profitieren, ist vielen nicht recht.
Dutzende Gemeinden nehmen Fifa-Kredite auf
Nicht nur in Bern. Schon 2021 wehrte sich die SP der Baselbieter Gemeinde Allschwil gegen den Fifa-Zustupf. Die Gemeinde hatte sich zehn Millionen Franken geliehen und machte dank Negativzinsen 9711 Franken Gewinn. Die SP beantragte, dass der Gewinn gespendet werden sollte – und setzte sich durch.
Schweizweit dürften sich ein Dutzend Gemeinden immer mal wieder Geld von der Fifa leihen – eine Recherche der «Aargauer Zeitung» nannte 2021 unter anderem Glattfelden ZH, Zumikon ZH, Meilen ZH, Pfäffikon ZH, Wädenswil ZH, Frauenfeld TG, Langnau BE. Auch Winterthur ZH nahm ein Darlehen über 60 Millionen Franken auf.
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Eine Vorstellung davon, wie viel Fifa-Geld bei den Schweizer Gemeinden im Umlauf ist, zeigen die Jahresberichte des Fussballverbands. 2018 waren das maximal 759 Millionen, Ende 2019 etwa 648 und Ende 2020 um die 376 Millionen Franken.
Nicht immer klar, woher das Geld kommt
Zumindest Bern wird sich in Zukunft kaum mehr aus den Fifa-Töpfen bedienen, wie aus der Medienmitteilung der Stadt hervorgeht. «Die Stadt prüft, bei der Geldaufnahme künftig ethische Beurteilungskriterien zu berücksichtigen», heisst es darin. Wobei das nicht so einfach sein dürfte, wie Finanzdirektor Martin Aebersold schreibt.
Denn es gebe heute keine breit etablierten, einheitlichen Vorgaben zur Bewertung von Ethik- und Nachhaltigkeitskriterien bei Fremdfinanzierungen. Und selbst wenn: Bern besorgte sich das Geld – wie alle anderen Gemeinden auch – über Fintech-Plattformen. In Bern war das die Finanzierungsplattform Loanboox. Dadurch könne nicht sichergestellt werden, dass keine unerwünschten Gelder bei der Stadt platziert werden: Erhalte man ein Finanzierungsangebot, sei in vielen Fällen unbekannt, woher das Geld tatsächlich stammt.
Bisher galt bei Fremdmittelbeschaffungen in Bern, dass der Finanzierungspartner seinen Sitz in der Schweiz haben muss. Daneben war nur noch der offerierte Gesamtpreis entscheidend. (sf)