Sicherheitsvorfälle rund um das Bundeshaus gab es in den letzten Monaten reichlich: Erst am 5. Oktober war der Bundesplatz für knapp eine Stunde wegen eines verdächtigen Gegenstands gesperrt worden. Schon ein Jahr vorher war es aus diesem Grund zu einer Sperrung des Bundesplatzes gekommen, die Polizei setzte einen Bombenentschärfungsroboter ein.
Richtig brenzlig war es im Februar. Ein Mann in Kampfuniform wollte via Bundesterrasse ins Bundeshaus eindringen. Die Sicherheitskräfte evakuierten das Parlamentsgebäude, Ost- und Westflügel des Bundeshauses, den vorderen Teil des Nationalbankgebäudes sowie zwei Banken.
Doch so umfangreiche Sicherheitsmassnahmen wie am Mittwoch haben die Behörden bislang nie ergriffen: Weiträumig wurde die Gegend ums Bundeshaus abgeriegelt, Gebäude wurden evakuiert. Selbst wenn sich der Alarm als falsch herausstellen sollte – die Sicherheitsbehörden dürften vor dem Hintergrund terroristischer Attacken in Europa besonders vorsichtig gewesen sein.
Grösste Gefahr ist ein Einzeltäter
Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) hat zwar keine Hinweise auf konkrete Anschlagspläne. Die Terrorbedrohung in der Schweiz ist aber weiterhin erhöht, teilt die Behörde auf Anfrage mit.
«Die Terrorbedrohung für die Schweiz ist primär von der dschihadistischen Bewegung geprägt, insbesondere durch Personen, die mit dem Islamischen Staat sympathisieren oder durch dschihadistische Propaganda inspiriert werden», heisst es. Das plausibelste Terrorszenario für die Schweiz sei derzeit ein Gewaltakt, der von einer dschihadistisch inspirierten einzelnen Person mit einfachem Modus operandi verübt wird. Nach Einschätzung des NDB würde sich dieser Angriff gegen schwach geschützte Ziele wie Menschenansammlungen richten.
Stadt Bern reagiert
Die Stadt Bern hat aus diesem Grund ihr Sicherheitsdispositiv für den Bundesplatz erhöht. Am Samstag startet dort die beliebte Lichtshow «Rendez-vous Bundesplatz» in die neue Saison, zu der sich allabendlich Hunderte Schaulustige versammeln. «Angesichts der aktuellen Situation wurden zusätzliche Massnahmen ergriffen», sagte Sicherheitsdirektor Reto Nause (52) gegenüber «BernToday». Weitere Angaben machte Nause aus taktischen Gründen nicht.
In St. Gallen sieht man derweil aufgrund der erhöhten Bedrohungslage und trotz Olma keinen Grund, die Sicherheitsmassnahmen zu verstärken. «Wir hatten schon länger erhöhte Sicherheitsvorkehrungen, zum Beispiel mit Pollern und Strassensperren», sagt Stadtpolizei-Sprecher Dionys Widmer. Die Mitarbeitenden würden die Nachrichtenlage ebenfalls verfolgen, bisher habe es jedoch keine vermehrten Meldungen gegeben.
Ähnlich tönt es aus Zürich und Basel: Man prüfe die Sicherheitslage laufend, in die Analyse flössen verschiedenste Aspekte ein, «auch jeweils die neusten Erkenntnisse aus aktuellen Vorkommnissen», wie die Stadtpolizei Zürich mitteilt. Beide Städte haben auch Demonstrationen und Kundgebungen, die einen Bezug zum Krieg im Nahen Osten haben, verboten.
NDB hat 41 Risikopersonen identifiziert
Der NDB betrachtet laut den aktuellsten Zahlen vom Frühsommer 41 in der Schweiz lebende Menschen als sogenannte Risikopersonen. Das können gewaltbereite Dschihadisten sein oder auch Leute, die andere Formen des Terrorismus unterstützen und dazu ermutigen. Europaweite Zahlen zu solchen Risikopersonen gibt es nicht – allerdings wurden 2021 EU-weit 260 Dschihadisten verhaftet, Deutschland gibt die Anzahl Gefährder aktuell mit 505 an.
Nach Beurteilung des NDB sind andere Staaten exponierter als die Schweiz, insbesondere solche, die sich militärisch an internationalen Koalitionen gegen den Islamischen Staat beteiligen oder von dschihadistisch inspirierten Personen als besonders islamfeindlich wahrgenommen werden.