Hektik rund ums Bundeshaus. Parlamentarierinnen durften nicht mehr hinein, andere Politiker und Mitarbeitende der Bundesverwaltung mussten das Gebäude kurz vor 14 Uhr am Dienstagnachmittag schleunigst verlassen. Mitten drin: die beiden Bundesratsmitglieder Viola Amherd (60) und Guy Parmelin (63), ebenso Armeechef Thomas Süssli (56). Auch die neue Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider (59) war beim Verlassen des Bundeshauses gesichtet worden.
Der Grund: Ein Mann in Kampfuniform wollte via Bundesterrasse ins Bundeshaus eindringen. Beim Hintereingang fotografierte ihn ein Blick-Mitarbeiter. Die Sicherheitsleute hielten den Mann an. Wie sich später herausstellte, hatte er wohl mitten auf dem Bundesplatz einen Jaguar S-Type abgestellt und den Warnblinker eingeschaltet.
Kurz darauf brausten Polizei- und Feuerwehrautos an. Die Sicherheitskräfte sperrten weiträumig alles ab. Zu den evakuierten Gebäuden gehörten das Parlamentsgebäude sowie der Ost- und der West-Flügel des Bundeshauses. Weiter evakuiert wurde der vordere Teil des Nationalbankgebäudes sowie die Valiant Bank und die Berner Kantonalbank.
Der Grund: Bei der Kontrolle des Mannes, der mit einer Schutzweste und einem Waffenholster erschien, war ein Schnelltest positiv auf Sprengstoff ausgefallen, wie die Kantonspolizei Bern später mitteilte. Es konnte also nicht ausgeschlossen werden, dass sich im Auto auf dem Bundesplatz Sprengstoff befand und entsprechend vom Fahrzeug allenfalls eine konkrete Gefahr ausgehen könnte.
Meldung einer Bombe
Plötzlich hiess es, die Journalistinnen und Journalisten im Medienzentrum schräg gegenüber des Bundeshauses sollen die Fenster verschlossen halten. Der Haupteingang wurde verschlossen.
Am späteren Nachmittag erreichte Blick den Fahrzeughalter des Jaguars. Laut diesem handelt es sich bei der verdächtigen Person um ein Familienmitglied. Es ist Philipp Z.*, der seit vielen Jahren psychische Probleme hat. Z. leide an Schizophrenie und habe mehrere Klinikaufenthalte hinter sich. Bislang habe dem Mann niemand helfen können. Es stecke eine tragische Geschichte hinter den Ereignissen am Dienstagnachmittag.
Die Kantonspolizei bestätigte später Blick-Recherchen, wonach der Mann unter psychischen Problemen leiden könnte. Sie teilte mit, dass medizinische Abklärungen zu seiner physischen und psychischen Verfassung im Gang seien und der Mann vorläufig festgenommen wurde.
Lange Schlange vor Sicherheitsschleuse
Zurück zum Bundeshaus: Auch FDP-Ständerat Andrea Caroni (42) befand sich am frühen Nachmittag im Gebäude. Die Rechtskommission des Ständerats tagte gerade, als Kommissionsvize Philippe Bauer (60) die Mitglieder zum Verlassen des Gebäudes aufforderte.
«Das Evakuierungsdispositiv im Bundeshaus sollten wir aber nochmals überprüfen», findet Caroni. Einzeln habe jedes Kommissionsmitglied die Sicherheitsschleuse beim Südeingang passieren müssen. «Wäre etwas passiert, wäre das Gebäude wohl über uns zusammengebrochen, so langsam wie wir waren.»
Hinter dem Bundeshaus hätten die Parlamentsmitglieder danach wie eine unbewachte Schafherde herumgestanden. Hätte jemand tatsächlich einen Anschlag verüben wollen, wären die Volksvertreter ein leichtes Ziel gewesen. Die Politiker sind dann Richtung Hotel Bellevue gepilgert, wo einige von ihnen bei Kaffee und Gugelhupf auf das Ende des Ausnahmezustands warteten.
Roboter und Sprengstoffhund
Derweil ging die Polizei gewissenhaft ihren Aufgaben nach. Sprengstoffexperten inspizierten das Fahrzeug. Am frühen Abend war ein Autoalarm zu hören. Es war der Zeitpunkt, als der Roboter die Scheiben des Jaguars entfernte. Später kam auch ein Hundeführer mit einem Sprengstoffhund zum Einsatz. Um kurz vor 19 Uhr dann transportierten die Spezialisten das Fahrzeug ab.
Um 19 Uhr dann die Entwarnung: Die Kantonspolizei Bern teilte auf Twitter mit, dass der Einsatz beim Bundesplatz beendet sei und die Sicherheitsmassnahmen aufgehoben wurden. Die Strassen rund um das Bundeshaus konnten wieder geöffnet, der öffentliche Verkehr wieder ohne Unterbrüche in Betrieb gehen. Diesmal ist nichts passiert. Die Abläufe werden aber sicher überprüft werden müssen.
*Name geändert