Die zweite Corona-Welle trifft die Wirtschaft hart. Die Arbeitslosigkeit steigt, die Kurzarbeit nimmt wieder deutlich zu, eine Pleitewelle droht. Kein Wunder also, greift das Parlament nochmals tief ins Portemonnaie: Es stockt den Härtefallfonds um weitere 1,5 Milliarden Franken auf, um den betroffenen Firmen unter die Arme zu greifen.
Gute Nachrichten gibt es nun aber endlich auch für Geringverdiener, die bei Kurzarbeit kaum über die Runden kommen! Zumindest während vier Monaten sollen sie bei Kurzarbeit eine höhere Entschädigung erhalten. Mit 193 zu 1 stimmte der Nationalrat einer Regelung betreffend Kurzarbeit zu, wonach ab Anfang Dezember 2020 bis Ende März 2021 tiefe Löhne von bis zu 3470 Franken zu hundert Prozent entschädigt werden. Die höheren Löhne werden anteilsmässig gekürzt.
Tieflöhner kriegen mehr
Das heisst: Bei Löhnen zwischen 3470 und rund 4340 Franken werden bei Kurzarbeit mindestens 3470 Franken ausbezahlt. Bisher gab es bei einem Normallohn von 3470 Franken nur 2776 Franken. Es bleiben also rund 700 Franken mehr im Portemonnaie. Wer normalerweise 4000 Franken verdient , hat bei Kurzarbeit nun ebenfalls 3470 statt nur 3200 Franken in der Tasche. Auch tiefere Löhne werden voll ausgeglichen.
Für eine Lösung bei Tieflöhnern haben Linke und Gewerkschaften monatelang gekämpft. Zwar haben sie sich einen vollen Ausgleich bis zu mindestens 4000 Franken erhofft, sind nun aber doch einigermassen zufrieden. «Endlich, nach wochenlangem Kampf ist das Parlament bereit, für die kleinsten Einkommen etwas zu machen», freut sich SP-Co-Chef Cédric Wermuth (34). «Das ist zwar nur ein Minimalkompromiss, aber immerhin. Ich freue mich, dass sich nach langen Verhandlungen jetzt der Nationalrat praktisch geschlossen dahinterstellen konnte.»
SVP-Friedli stellte Kompromissantrag
Wermuth hatte in der nationalrätlichen Wirtschaftskommission nämlich nochmals einen Anlauf genommen und entsprechende Anträge eingereicht. Schliesslich fand er in SVP-Nationalrätin Esther Friedli (43) eine wichtige Verbündete. Diese brachte schliesslich den entscheidenden Kompromissantrag in der Wirtschaftskommission ein.
«Ich habe da die Initiative ergriffen, weil ich sehe, dass hier Handlungsbedarf besteht», sagt Friedli zu BLICK. Sie kennt als Wirtin die Löhne in der Gastronomie selber gut, und diese sei im Moment von den Massnahmen massiv betroffen. «Personen mit tiefen Einkommen können bei nur noch 80 Prozent des Lohnes ihren Lebensunterhalt nur noch beschränkt selber bestreiten», erklärt Friedli. «Anstatt den Gang in die Sozialhilfe möchte ich, dass diese Einkommen nicht stark gekürzt werden. Ich will aber nicht alle Einkommen stützen, sondern nur die tiefen.»
Sie zeigt sich erfreut darüber, «dass wir da mit Links im Sinne der Sache einen Kompromiss finden konnten». So müssten nun Personen mit niedrigen Einkommen, die in Kurzarbeit sind, weniger Einbussen hinnehmen.
Maurer sorgte für Weckruf
Für einen Weckruf bei den Bürgerlichen hatte letzte Woche SVP-Bundesrat Ueli Maurer (70) gesorgt. «Mit diesen Massnahmen beuteln wir einmal mehr die Erwerbstätigen mit tiefen Einkommen in Gastronomie und Detailhandel, die Kurzarbeit haben», sagte der Finanzminister an einer Medienkonferenz. «Menschen mit tiefen Einkommen, die während längerer Zeit mit 80 Prozent auskommen müssen, geht es schon unter die Haut.»
Er appellierte ans Parlament, die Problematik nochmals anzuschauen, damit «die Schwächsten nicht durch die Maschen fallen».
Ständerat am Drücker
Nach dem Nationalrat ist nun der Ständerat am Drücker. Sagt auch er Ja zum Geringverdiener-Kompromiss, dürfen sich die Betroffenen auf einen Weihnachts-Zustupf freuen.
«Wird dieser Entscheid vom Ständerat bestätigt, muss er sehr rasch umgesetzt werden. Die Leute brauchen das Geld», sagt SGB-Chefökonom Daniel Lampart (52). Die Gewerkschaften hatten von Beginn weg auf eine Lösung gedrängt, um die «schmerzhaften Lohneinbussen für die Geringverdienenden» zu vermindern. «Dieser Beschluss ist ein überfälliger Schritt und eine Erleichterung für die Betroffenen», so Lampart.