Es ist ein dicht gedrängter Zeitplan: Noch eine Woche dauert die Wintersession, und in dieser einen Woche muss das Parlament die Ausweitung der Härtefall-Hilfen für Corona-gebeutelte Betriebe durchpeitschen. Diese will der Bundesrat mit insgesamt 1,5 Milliarden Franken aufstocken.
Das wird die Betriebe freuen. Doch für Zehntausende Arbeitnehmende in Kurzarbeit ist das kaum ein Lichtblick. Denn gerade in der Gastrobranche gibt es viele Geringverdiener, die nun schon seit Monaten mit 80 Prozent ihres Lohns auskommen müssen. Und die 19-Uhr-Sperrstunde verheisst nichts Gutes für ihre Zukunft.
Voller Lohnersatz für Tieflöhner
Entsprechend werden nicht nur die Härtefälle aufs Tapet kommen, sondern auch – erneut – die Frage der Höhe der Kurzarbeitsentschädigung. Das kündigt SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (34) gegenüber BLICK an. «Es geht darum, den Menschen, die von prekären Arbeitsbedingungen betroffen sind, jetzt zu helfen», so Wermuth.
So schlägt Wermuth nun einen Kompromiss vor: Der Lohn soll bis und mit 4000 Franken voll ausbezahlt werden – und alles, was darüber liegt, dann zu 80 Prozent. Die Arbeitgeberbeiträge sollen vollständig von der Arbeitslosenversicherung (ALV) übernommen werden. «So stützen wir die Unternehmen und sichern gleichzeitig die Einkommen der Angestellten», so Wermuth. Einen entsprechenden Antrag werde er am kommenden Montag in der Wirtschaftskommission des Nationalrats einreichen.
Daneben fordert der SP-Chef auch bei den anderen Wirtschaftshilfen ein Umdenken. «Es geht jetzt nicht mehr um Härtefälle, sondern um Entschädigungen für eine Leistung an der Gesellschaft.» Denn die Schliessungen schützten «uns alle vor der Pandemie.» Statt der Lösung für besonders betroffene Betriebe plädiert Wermuth für eine volle Entschädigung der coronabedingten Umsatzeinbussen.
Offene Türen bei Gastrosuisse
Insbesondere was das Berappen der Sozialversicherungen durch die ALV betrifft, dürfte Wermuth etwa bei Gastrosuisse offene Türen einrennen. Schon im November forderten die Gewerkschaften volle Kurzarbeitsentschädigung für tiefe Löhne – die Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer (58) damals unterstützte. «Wir sehen die Wichtigkeit einer solchen Lösung insbesondere für die tieferen Einkommen. Damit aber keine neuen Ungerechtigkeiten entstehen, braucht es eine Abstufung je nach Höhe des Bruttolohns», so Platzer.
Die Grünen streben eine ähnliche Stossrichtung wie die SP an. Und das betont Nationalrätin Regula Rytz (58) via Twitter denn auch gerne auf den veröffentlichten BLICK-Artikel hin. Ihre Partei habe immerhin schon in der Vorwoche einen solchen Vorschlag eingereicht. Allzu viele Lorbeeren scheint man auch den politischen Partnern nicht zu gönnen. Dennoch: «Aber gerne nochmal!», findet Rytz,
Die Gewerkschaftsforderungen sind politisch bislang gescheitert. Doch dass Menschen mit tiefen Einkommen zunehmend in schwierige Situationen geraten, hat am Freitag auch SVP-Finanzminister Ueli Maurer (70) eingeräumt. «Menschen mit tiefen Einkommen, die während längerer Zeit mit 80 Prozent auskommen müssen, geht es schon unter die Haut.» Zu prüfen sei das Anliegen durchaus – doch das sei Sache des Parlaments, das sich nun in der letzten Sessionswoche erneut über das Covid-19-Gesetz beugen wird.