Die Kurzarbeit hat auf dem Schweizer Arbeitsmarkt bisher zwar das Schlimmste verhindert. Doch die auf 3,3 Prozent moderat gestiegene Arbeitslosenquote bis Ende November überdeckt das menschliche Drama, das hinter den Zahlen steckt.
Daniel Lampart (52), Chefökonom des Schweizer Gewerkschaftsbundes (SGB), zeigt sich alarmiert über die Zahl der Betroffenen bei den Tieflohnangestellten. «Geringverdienerinnen und Geringverdiener werden in der Corona-Krise viel häufiger arbeitslos als Besserverdiener», erklärt er zu seiner Analyse, die BLICK exklusiv vorliegt.
Konkret erhöhte sich die bereits hohe Arbeitslosenquote bei Monatslöhnen zwischen 2000 bis 4000 Franken von 4,2 im Februar vor der Pandemie auf 5,3 Prozent im September deutlich. Bei Löhnen zwischen 6000 und 8000 Franken dagegen fällt die Steigerung von 2,4 auf 2,8 Prozent relativ milde aus.
Besorgniserregend sei zudem die anhaltend starke Zunahme der Arbeitslosigkeit bei den Älteren. «Im November hat die Zahl der Arbeitslosen bei den 60- bis 64-Jährigen mit 11'397 Betroffenen einen historischen Höchststand erreicht», hebt Lampart hervor.
Aussteuerungen sollen verhindert werden
Viele der Ü-60er hätten schon vor der Krise Mühe gehabt, wieder eine Stelle zu finden. Nun droht die Aussteuerung. Lamparts Fazit: «Soziale Probleme, die es bereits vor der Krise gab, haben sich verschärft.»
Deshalb fordert er, die Rahmenfristen der Taggelder bis Frühling zu verlängern. «Damit können Aussteuerungen verhindert werden, bis es wirtschaftlich wieder aufwärtsgeht», ergänzt der Ökonom. Denn: Eine Erholung sei nicht in Sicht. Die bis jetzt verfügbaren Dezember-Statistiken zeigten aber, dass die Zahl der Stellensuchenden weiter angestiegen sei.
Weiter verlangt er für Geringverdiener den vollen Lohn, wenn sie in Kurzarbeit seien – nicht nur 80 Prozent. Denn viele hätten ein Monatseinkommen von weniger als 3000 Franken. Das genüge definitiv nicht mehr zum Leben.
Keine Corona-Verschärfungen ohne Arbeitsmarktmassnahmen
In einem offenen Brief von Anfang Woche an den Bundesrat schreibt der SGB: «Der SGB war negativ überrascht, dass der Bundesrat gesundheitspolitische Verschärfungen präsentiert hat, ohne verbindliche Zusagen zur sozialen Absicherung zu machen.» Weitere Einschränkungen der wirtschaftlichen, sozialen und kulturelle Aktivität ohne genügende Abfederungsmassnahmen seien unzumutbar.
Die Massnahmen zum Schutz der Arbeitsplätze und Löhne müssen laut SGB gleichzeitig mit den heute Freitag erwarteten neuen Gesundheitsmassnahmen beschlossen werden und so rasch wie möglich in Kraft treten.