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Bundesrat befiehlt Sperrstunde 19 Uhr
«Wir müssen jetzt durchbeissen!»

Um die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen, hat der Bundesrat die Schraube nochmals angezogen. Die neuen Massnahmen gelten ab Freitag um Mitternacht – und sind nicht ganz so hart wie angekündigt.
Publiziert: 11.12.2020 um 12:04 Uhr
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Aktualisiert: 13.12.2020 um 14:43 Uhr
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Auf einen Blick: Diese Massnahmen gelten ab Mitternacht.
Foto: zvg
Daniel Ballmer

Der Bundesrat will nicht länger warten. Es braucht sofort neue Massnahmen, um das Coronavirus wieder in den Griff zu bekommen. Die Ansteckungen würden weiter zunehmen anstatt sinken, «rasch und stark, und in allen Regionen im Land», stellte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga (60) am Freitag vor den Medien klar. «Die Schweiz befindet sich in einer äusserst kritischen Phase.»

«Wir tragen als Bundesrat eine grosse Verantwortung für unser Land», ergänzte Gesundheitsminister Alain Berset (48). Die Ansteckungen nähmen wieder exponentiell zu. Das bringe das Gesundheitspersonal ans Limit. Trotz grossem Widerstand hat die Regierung deshalb folgende Massnahmen beschlossen:

Sperrstunde ab 19 Uhr und Schliessung an Sonn- und Feiertagen
Restaurants, Bars, Läden, Märkte, Museen, Bibliotheken sowie Sport- und Freizeitanlagen müssen zwischen 19 und 6 Uhr schliessen. Läden, Märkte, Museen, Bibliotheken sowie Sport- und Freizeitanlagen bleiben auch an Sonn- und landesweiten Feiertagen geschlossen. Restaurants und Bars dürfen hingegen an Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Am 24. Dezember und für Silvester gilt die Sperrstunde erst ab 1 Uhr. Takeaway-Angebote und Lieferdienste können weiterhin bis um 23 Uhr offen bleiben.

Ausnahme für Kantone mit günstiger epidemiologischen Entwicklung
Kantone mit einer günstigen epidemiologischen Entwicklung können die Sperrstunde bis auf 23 Uhr auszuweiten. Voraussetzung ist, dass der Reproduktionswert während mindestens sieben Tagen unter 1 und die 7-Tagesinzidenz während mindestens 7 Tagen unter dem Schweizer Schnitt liegt. Zudem müssen im Kanton ausreichende Kapazitäten im Contact-Tracing sowie in der Gesundheitsversorgung vorhanden sein. Will ein Kanton die Öffnungszeiten ausweiten, muss er sich mit den angrenzenden Kantonen absprechen.

Veranstaltungen verboten
Öffentliche Veranstaltungen werden verboten. Ausgenommen sind religiöse Feiern (bis max. 50 Personen), Beerdigungen im Familien- und engen Freundeskreis, Versammlungen von Legislativen und politische Kundgebungen.

Private Treffen: Weiterhin maximal 10 Personen
Der Bundesrat verzichtet auf weitere Beschränkungen der privaten Treffen. Er bleibt bei der bisherigen Regelung mit maximal 10 Personen. Dabei werden auch die Kinder mitgezählt. Der Bundesrat empfiehlt zudem dringend, Treffen im Privaten auf zwei Haushalte zu beschränken. Diese Regelung ist klar und ermöglicht Weihnachtsfeiern im kleinen Rahmen.

Sport und Kultur: Höchstens zu fünft
Sportaktivitäten in der Freizeit sind nur noch in Gruppen bis höchstens fünf Personen erlaubt. Kontaktsportarten bleiben verboten. Auch im nichtprofessionellen Kulturbereich werden Gruppenaktivitäten auf fünf Personen eingeschränkt.
Sportliche und kulturelle Aktivitäten (ohne Wettkämpfe) von Kindern und Jugendlichen vor ihrem 16. Geburtstag sind weiterhin erlaubt. Ebenso Trainings und Wettkämpfe von Angehörigen eines nationalen Kaders sowie Trainings und Matches in den Profiligen, allerdings ohne Publikum. Weiterhin erlaubt sind auch Proben und Auftritte von professionellen Künstlerinnen und Künstlern oder Ensembles.

Gegen allen Widerstand

Die Massnahmen gelten ab Freitag um Mitternacht und sind bis zum 22. Januar 2021 befristet. Dabei ist dem Bundesrat völlig klar, dass eine grosse Mehrheit der Kantone mit diesem Vorgehen nicht einverstanden ist. Sogar die nationalrätliche Gesundheitskommission hatte am Donnerstag zur Mässigung gemahnt.

Die jetzige Lage sei ausserordentlich, argumentierte Berset. Es drohe die Gefahr, dass das Gesundheitswesen rasch an den Anschlag kommen könne. «Das müssen wir verhindern.» Zudem gälten Ausnahmeregelungen. Können die Kantone die Zahlen stark senken, würden sie dafür Erleichterungen erhalten. In den Gesprächen mit den Kantonen sei klar geworden, dass man seitens der Kantone eine einheitliche Linie befürworte, ergänzte Sommaruga.

«Wir wissen, dass die Stimmung gedrückt ist», so Berset weiter. «Wir müssen das alle zusammen aushalten.» Es gehe nun nicht um Weihnachten oder ums Skifahren. Es gehe nun darum, gemeinsam durch die Krise zu kommen. «Wir müssen weiterdenken und durchbeissen, bis es wieder wärmer wird und die Impfung ihre Wirkung zeigt.»

Weitere 1,5 Milliarden Hilfsgelder

Parallel zu den Schutzmassnahmen erhöht der Bundesrat zudem die bisher gesprochenen Hilfsgelder. Dies, weil aufgrund der behördlichen Eingriffe zahlreiche Betriebe geschlossen werden müssen. «Wir haben festgestellt, dass diese nicht ausreichen», sagte Finanzminister Ueli Maurer (70).

Aus diesem Grund sollen zusätzliche 1,5 Milliarden Franken im Härtefall-Programm eingesetzt werden. Dieses wird so auf insgesamt 2,5 Milliarden Franken aufgestockt.

«Dann weiss ich wirklich nicht, wie es weitergehen soll»

Ziel der ganzen Übung sei es, Kontakte und Menschenansammlungen zu reduzieren, resümierte Gesundheitsminister Berset zuletzt nochmals. «Wir glauben, dass die jetzige Reduktion der Kontakte uns an Weihnachten helfen werden. Und vergessen Sie nicht: Wir haben viel weniger strenge Massnahmen als viele andere europäischen Länder.»

Sollten die Leute nun versuchen, Massnahmen zu umgehen, «werden wir nicht mehr in der Lage sein, die Situation zu meistern», stellte Berset klar. «Dann weiss ich wirklich nicht, wie es weitergehen soll.» Es müssten nun wirklich alle mitmachen. «Wir müssen jetzt durchbeissen. Wir müssen diesen Winter jetzt noch durchhalten, für nächstes Jahr gibt es Perspektiven.»

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