Die Zahl ist beeindrucken: Bereits 107'039 Personen haben bis am Donnerstagmorgen die erst am Dienstag gestartete Online-Petition «19h» unterzeichnet. Sie alle wehren sich gegen die Pläne des Bundesrats, im Kampf gegen das Coronavirus die Schraube nochmals anzuziehen und Restaurants und Bars jeweils ab 19 Uhr zu schliessen. Nicht nur zahlreiche Kantone fühlen sich vor den Kopf gestossen. Auch die Bevölkerung setzt nun ein Zeichen.
Wegen der wieder ansteigenden Fallzahlen hatte Gesundheitsminister Alain Berset (48) den Trödel-Kantonen schon Ende letzter Woche Feuer unter dem Hintern gemacht. Und das eigentlich mit Erfolg. Bereits mehrere Kantone haben seither ihre Massnahmen verschärft. Umso überraschender kam am Dienstagabend die Ankündigung des Bundesrats, die Schrauben schweizweit anzuziehen.
«Nicht nachvollziehbar und willkürlich»
Gerade in Romandie ist der Widerstand gross. Mit scharfen Massnahmen hat die Westschweiz die Fallzahlen in den vergangenen Wochen bereits deutlich gesenkt. Nun fühlen sich viele Vertreter vom Bundesrat vor vollendete Tatsachen gestellt – und vor den Kopf gestossen. Von «Irritation» ist die Rede, von «Respektlosigkeit», ja sogar von «einer Frechheit».
Auch die Gastrobranche spart nicht mit Kritik. Der Entscheid des Bundesrats sei eine «planlose Strategie». Die vorgeschlagenen Massnahmen seien «nicht nachvollziehbar und willkürlich». Ja, die Landesregierung widerspreche damit sogar dem Bundesamt für Gesundheit. Denn dieses erkennt die Gastronomie nicht als Hotspot der Pandemie.
«Restaurants sind daher kein Ort der Ansteckung!»
Genau hier setzt auch die Online-Petition an: In der Romandie seien die Restaurants vielerorts bereits seit Anfang November geschlossen. Dennoch breite sich das Virus weiter aus. «Restaurants sind daher kein Ort der Ansteckung!», betonen die Petitionäre auf ihrer französischsprachigen Internetseite www.19h.ch. Sie wehren sich daher gegen den «absurden Entscheid». Noch am Donnerstag soll die Petition an den Bundesrat übergeben werden.
Ob der Bundesrat am Freitag zurückbuchstabiert? Das bleibt trotz des massiven Widerstands unsicher. Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga (60) hatte am Dienstag betont, dass es bloss noch um Details gehen werde. Der Bundesrat steht dem Vernehmen nach für einmal geschlossen da. Gerade, weil die Corona-Fallzahlen landesweit stagnieren oder sogar wieder leicht ansteigen.