Genug getrödelt! Der Bundesrat ist fest entschlossen, im Kampf gegen das Coronavirus «das Heft wieder stärker in die Hand zu nehmen», wie Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga (60) am Dienstagabend sagte. Denn die Ansteckungen nehmen wieder exponentiell zu. Die Situation im Land sei «gefährlich».
Der Bundesrat will ab Samstag neue Massnahmen in Kraft setzen:
- Restaurants, Läden und Freizeitangebote wie Fitnesscenter sollen ab dann bereits um 19 Uhr schliessen. Sonntags dürfen sie gar nicht öffnen.
- Privat dürfen sich höchstens 5 Personen aus zwei Haushalten treffen – Ausnahmen sollen vom 24. bis 26. Dezember sowie am 31. Dezember gelten, dann darf man zu zehnt sein.
- Öffentliche Veranstaltungen werden mit Ausnahme von religiösen Feiern sowie Parlamentsversammlungen komplett verboten.
- Jegliche Aktivitäten im Kulturbereich (inklusive schulische Aktivitäten) werden untersagt. Veranstaltungen im professionellen Bereich mit Publikum werden verboten, ausgenommen sind online übertragene Veranstaltungen ohne Publikum.
Massnahmen gelten bis im Januar
Die Massnahmen sollen bis am 20. Januar 2021 gelten – und jenen Kantonen den Rücken stärken, «die gehandelt haben», wie Sommaruga sagte. Wobei die Massnahmen sich eher an jene Kantone wenden, die nicht – oder zu wenig strikt gehandelt haben. So wie etwa der Trödel-Kanton Aargau, dessen Regierung noch am Montag verkündete, von einer «dringlichen Notsituation» könne – trotz steigender Fallzahlen – keine Rede sein.
Die Kantone haben nun zwei Tage Zeit ihre Meinung kundzutun. Am Freitag wird der Bundesrat die definitiven Regeln beschliessen, die für alle gelten. «Dann haben die Kantone keine Wahl mehr», erklärte Berset.
Lockdown möglich
Der Bundesrat sieht das anders. Er ist offensichtlich so besorgt, dass er gleich die nächste Eskalationsstufe im Grundsatz beschlossen hat: Verschlechtert sich die epidemiologische Lage bis zum 18. Dezember weiter, wird die Regierung über einen erneuten Lockdown befinden. Läden und Gastrobetriebe müssten ganz schliessen. Dieser Lockdown könnte nur bestimmte Kantone oder Regionen treffen oder das ganze Land. Er würde am 19. Dezember in Kraft treten – und damit die Feiertage treffen.
Welche Kriterien genau erfüllt sein müssten, um einen zweiten Lockdown zu verhängen, konnte Gesundheitsminister Alain Berset (48) nicht sagen. «Die Eskalation ist dann erreicht, wenn die Situation in einzelnen Kantonen ausser Kontrolle gerät und der betroffene Kanton nicht so handelt, wie das aus Sicht des Bundesrats nötig wäre», erklärte der SP-Bundesrat. Wichtige Kriterien seien die Auslastung der Spitalbetten und der Reproduktionswert.
Was ist mit der Mitternachtsmesse?
Auch die definitiven Regeln für Weihnachten und Neujahr hat der Bundesrat noch nicht festgelegt. «Es ist denkbar, dass man an den Feiertagen etwa für die Restaurants Ausnahmen macht», so Berset. Sie müssten dann an Weihnachten und Silvester nicht bereits um 19 Uhr schliessen. Ähnliches könnte auch für die Mitternachtsmesse am Heiligen Abend gelten. Auch privat könnte zu zehnt gefeiert werden.
Noch sind das alles nur Vorschläge, zu denen sich die Kantone äussern können, bevor der Bundesrat am Freitag über das erste Massnahmenpaket entscheidet. Es dürfte ein Sturm der Entrüstung folgen – SVP und FDP haben sich bereits mit geharnischten Mitteilungen zu Wort gemeldet. Auch verschiedene Kantone – insbesondere Aargau und Zürich, wie es aus Bundesratskreisen heisst – dürften sich jede Einmischung verbieten.
Auch der Baselbieter Regierungsrat Isaac Reber ist hässig, wie ein Journalist auf Twitter postete. Er stört sich, dass die Kantone vom Bundesrat überfahren wurden.
Dennoch: Zumindest, was dieses erste Paket betrifft, scheinen die Meinungen im Bundesrat gemacht. Es würden höchstens noch «Details» verändert, so Sommaruga. (sf/til)
Bundesrats-PK vom 8. Dezember 2020