Ein Zehntelprozent machte den Unterschied. Ein hauchdünnes Mehr von knapp 9000 Stimmen gab vor einer Woche den Ausschlag: Die Schweiz kauft neue Kampfflugzeuge. Es ist ein Sieg, den niemand im Verteidigungsdepartement (VBS) zu einem Vertrauensbeweis für die Armee umdeuten kann. Und eine Niederlage, welche die Gegner mit dem Gefühl zurücklässt, die politische Sensation verpasst zu haben.
«Wir waren freudig überrascht über das knappe Ergebnis. Zugleich sind wir überzeugt: Wäre direkt über die Beschaffung eines US-Flugzeugs abgestimmt worden, hätten wir gewonnen», sagt SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf (52, ZH). «Die Skepsis, die dem VBS entgegenschlägt, ist längst in der breiten Bevölkerung angekommen», ergänzt Parteikollege Fabian Molina (30, ZH), «das hat der Abstimmungssonntag deutlich gemacht.» Die Zeit sei reif, grundsätzlich über die Armee und die Friedenspolitik nachzudenken.
Genau dies verlangen Molina und Seiler Graf in einem neuen Grundlagenpapier der Sozialdemokraten. Der Entwurf birgt Sprengpotenzial. Die SP kritisiert darin das VBS, das nebst der Flugzeugbeschaffung auch über den Kauf von Fliegerbomben nachdenkt, wie mehrere Zeitungen berichten. Dabei hatten sich die Räte erst 2017 gegen die «Erdkampffähigkeit» der Luftwaffe ausgesprochen.
Dass das VBS trotz eines gegenteiligen Entscheids des Parlaments über den Kauf von Bomben sinniere, sei schlicht inakzeptabel, so Seiler Graf. «Die Schweiz hat am Sonntag die Katze im Sack gekauft. Jetzt sehen wir, wie hässlich diese Katze ist.»
Die SP droht
Sollte das Verteidigungsdepartement nicht auf die Bomben verzichten, werde die Partei eine neuerliche Initiative gegen die Beschaffung von Kampfjets unterstützen, schreiben die Autoren des SP-Papiers. Kaum waren vergangene Woche die Stimmen ausgezählt, machte tatsächlich der Ruf nach einer neuerlichen Volksbefragung die Runde. Nimmt der Entwurf die innerparteilichen Hürden, wovon auszugehen ist, wäre eine Initiative offiziell Parteilinie der SP. Molina: «Will das VBS einen amerikanischen Flieger kaufen, ist eine Volksinitiative wahrscheinlich. Verlangt das VBS noch Bomben dazu, ist eine Abstimmung sicher.»
Schweiz soll Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnen
Dann müsste die Linke allerdings das Ständemehr erreichen, um den Kauf doch noch zu verhindern. Eine hohe Hürde, wie Seiler Graf einräumt.
Doch gehen die Überlegungen der SP über den Ersatz der Kampfflugzeuge hinaus. Der Bundesrat wird aufgefordert, für das Welternährungsprogramm deutlich mehr auszugeben als bisher und den Atomwaffenverbotsvertrag der Uno zu unterzeichnen. Zwei Jahre ist es her, dass das Parlament die Landesregierung damit beauftragt hat. Doch noch immer hat die Schweiz das Vertragswerk nicht unterschrieben. Die SP prüft nun eine Initiative, um den Bundesrat dazu zu zwingen.