Nur wenige Tage, nachdem das Stimmvolk den Kauf neuer Kampfjets hauchdünn genehmigt hat, platzt die Bombe: Die Schweiz kauft nicht nur Flugzeuge, sie will diese auch mit Waffen vollpacken, von denen nie die Rede war.
Offerieren lässt sich das Verteidigungsdepartement (VBS) von CVP-Bundesrätin Viola Amherd (58) verschiedene Bomben – darunter Freifallbomben, die aus dem neuen Jet abgeworfen werden sollen. Das geht aus einer Mitteilung des US-Aussenministeriums hervor. Die USA genehmigen damit den Verkauf von Kampfjets des Typs F-35 und F/A-18 Super Hornet.
Von solchen Freifallbomben hat die Schweizer Bevölkerung nichts gewusst. Im Abstimmungskampf war davon ebenso wenig die Rede wie im Abstimmungsbüchlein.
Bevölkerung hinters Licht geführt
Für die Kampfjet-Gegner ist klar: Die Bevölkerung wurde hinters Licht geführt. «Jetzt ist genau das passiert, wovor wir immer gewarnt haben», ereifert sich Sicherheitspolitikerin Priska Seiler Graf (52). Kaum hätten die Bürger dem VBS einen Blankoscheck über sechs Milliarden Franken ausgestellt, zeige sich, dass der Bund mit dem Geld nicht nur Jets mit Luft-Luft-Raketen kaufen will, sondern auch höchst umstrittene Freifallbomben. Durch den Einsatz solcher nehme man in Gebieten wie der dicht besiedelten Schweiz grosse Kollateralschäden in Kauf. «Im Klartext: Mit Freifallbomben toleriert man unschuldige Todesopfer in der Zivilbevölkerung», sagt die SP-Nationalrätin.
Amherd hätte aus Sicht der Gegner Transparenz schaffen müssen. Und Seiler Graf erklärt gleich, warum sie nicht mit offenen Karten spielte: «Ich wage zu behaupten, dass die Kampfjet-Beschaffung gegroundet wäre, hätten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger gewusst, dass das Militär gegen den Willen des Parlaments die Erdkampf-Fähigkeit mit Freifallbomben durch die Hintertür in dieses Rüstungsgeschäft hineinschmuggeln will.»
Noch deutlicher wird Grünen-Nationalrätin Regula Rytz (58). «Dass solche ‹Details› vor der Kampfjet-Abstimmung geheimgehalten wurden, ist ein Betrug an den Bürgern und an der Demokratie», kritisiert sie via Twitter. «Ein trauriger Tag für die Schweiz!»
Versprochen hatte Amherd anderes
Lewin Lempert (24) von der Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) doppelt nach: Es sei «absurd», dass die Schweiz monatelang über die Jets diskutiert habe, das VBS aber mit Hinweis auf Geschäftsgeheimnisse möglichst viel verschweigen wollte – kurz nach der Abstimmung sei aber plötzlich alles öffentlich.
Auch er sagt: «Der Stimmbevölkerung war nicht bewusst, dass mit den Jets auch gleich Bomben beschafft werden.» Natürlich sei der Wunsch der Armee spürbar gewesen, die Erdkampf-Tauglichkeit wieder herzustellen. Dennoch: «Das Vorgehen entspricht nicht dem Transparenz-Versprechen von Bundesrätin Amherd.»
Burkart nicht überrascht
Gelassen zeigt sich dagegen FDP-Ständerat Thierry Burkart (45), der im Abstimmungskampf das Pro-Komitee präsidierte: «Die Listen des US-Aussenministeriums haben noch nichts zu besagen.» Bei der Verkaufsgenehmigung packten die Hersteller so viel rein wie möglich. Die Schweiz kaufe aber nur, was sie wirklich wolle.
Dass im Paket Waffen für Bodenziele enthalten sind, kommt für ihn nicht überraschend. Es sei klar gewesen, dass die Flugzeuge für den Erdkampf bereit sein sollen.
Es wird ein rauer Winter
So oder so: Verteidigungsministerin Amherd steht ein rauer Winter bevor. Bis sich der Bundesrat im Frühling für einen der Jets und dessen Bewaffnung entscheidet, hat sie noch so manchen Sturm auszuhalten.