Steuersünder aufgepasst! Nicht nur ausländische Steuerhinterzieher kommen zunehmend an die Kasse. Immer öfter trifft es auch Schweizer Steuerpflichtige, die im Ausland wirtschaften.
Das zeigen die neusten Zahlen der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) zur internationalen Amtshilfe, die BLICK auf Anfrage erhalten hat: So stellte die Schweiz letztes Jahr 46 Amtshilfegesuche im Ausland. So viele wie nie zuvor! Das bisherige Rekordjahr datiert auf 2015 mit 39 Gesuchen.
Komplexere Fälle
In welchen Staaten die ESTV um Amtshilfe bat, will die Behörde nicht verraten. Das sei vertraulich. Klar ist aber: Meist handelt es sich um komplexere Fälle, bei denen die Schweiz ihre eigenen Mittel ausgeschöpft hat. Tendenziell zudem um Firmen und internationale Konzerne.
Damit die ESTV ein Amtshilfegesuch überhaupt stellt, müssen erst die kantonalen Steuerbehörden bei ihr vorstellig werden. Da der Aufwand je nach Fall recht gross ist, konzentrieren sich diese tendenziell auf grössere Fische.
Mit neuen Amtshilfegesetzen und Abkommen haben die Steuerbehörden mehr Instrumente in die Hand bekommen, um Steuersünder im Ausland zu verfolgen. Das schlägt sich in den letzten Jahren in steigenden Zahlen nieder.
«Zu berücksichtigen ist allgemein, dass nach der Einführung des automatischen Informationsaustausches auch entsprechende vom Ausland erhaltene Meldungen Anlass für ein Amtshilfeersuchen an den ausländischen Staat bilden können», sagt zudem Marina Züger, Präsidentin der Schweizerischen Steuerkonferenz. Heisst: Oft kommen die Schweizer Steuerverwaltungen erst durch Hinweise aus dem Ausland auf mögliche Steuersünder.
2112 neue Gesuche aus dem Ausland
Doch auch in umgekehrter Richtung werden Amtshilfegesuche gestellt: Letztes Jahr gingen 2112 Ersuchen bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung ein. Gegenüber dem Vorjahr wieder eine deutliche Zunahme.
Genaue Zahlen aus einzelnen Ländern nennt die ESTV auch hier nicht, sondern nur die fünf wichtigsten Herkunftsländer. 2020 lag Israel an der Spitze, gefolgt von Frankreich, Südkorea, Deutschland und Österreich. Südkorea taucht dabei zum ersten mal in den Top 5 auf. Ein Jahr zuvor lagt noch Frankreich an dem ersten Platz und Österreich, Israel, Indien und Spanien folgten dahinter.
Welchen Einfluss der automatische Informationsaustausch hat, lasse sich nach wie vor nicht abschätzen, heisst es seitens der ESTV. Dieser könne dazu führen, dass es weniger Amtshilfeersuchen gibt, aber auch zum Gegenteil. Nur so viel: «Erkenntnisse aus dem automatischen Informationsaustausch können für Amtshilfeersuchen genutzt werden.» Seit 2017 besteht die gesetzliche Grundalge dafür, mittlerweile sind Abkommen mit über 100 Staaten in Kraft – seit Anfang Jahr beispielsweise auch mit Albanien, Nigeria oder der Türkei.
Die neuste Zahl ist aber nichts im Vergleich zu den Jahren 2016 und 2017. Damals sorgten noch sogenannte Bulk Requests – eine Art Massenanfragen – für Rekordwerte. Dabei handelte es sich um Ersuchen, bei welchen für grössere Personengruppen jeweils die gleiche Frage gestellt wird, etwa nach dem Kontostand bei einer bestimmten Bank. So hatte 2016 allein Frankreich Auskunft über 45'000 UBS-Konti verlangt.