Steuersünder haben seit 2010 eine einfache Möglichkeit, sich bequem reinzuwaschen: Mit einer straflosen Selbstanzeige. Bis Ende 2016 haben über 40'000 Steuerdelinquenten von dieser Neuerung profitiert. Und aufgrund des automatischen Informationsaustausches mit der EU ist die Zahl der Selbstanzeigen im laufenden Jahr geradezu explodiert, wie die TV-Sendung «10vor10» kürzlich aufdeckte. Bis Ende Jahr dürften gut 30'000 Steuertrickser ihre Schwarzgelder offengelegt haben.
Mattea Meyer will den Datenschatz heben
Ein riesiger Datenschatz, den SP-Nationalrätin Mattea Meyer (30, ZH) nun heben möchte. Um den Kampf gegen Steuerhinterziehung gezielter zu führen, will sie den Steuersündern ein Gesicht geben!
Dabei geht es nicht um konkrete Namen oder Einzelpersonen. Vielmehr soll der Bundesrat in einem Bericht umfassend aufzeigen, «in welchem Mass und von wem in der Schweiz Steuern hinterzogen werden». Dabei will die SP-Nationalrätin insbesondere wissen, «welche Bevölkerungsgruppen sowie Einkommens- und Vermögensgruppen wie häufig Steuern hinterziehen».
In die Studie sollen nicht nur die Daten aus den straflosen Selbstanzeigen einfliessen, sondern auch die Resultate von Stichprobenkontrollen und beanstandeten Steuererklärungen der kantonalen Behörden, Dokumente wie die Paradies Papers oder Panama Papers sowie Schätzungen.
«Superreiche prellen Staat um Milliarden»
Meyer hat auch einen konkreten Verdacht, wo die grossen Summen verschwinden. «Studien in anderen Ländern zeigen, dass Superreiche in grossem Stil Steuern hinterziehen und den Staat um Milliarden prellen.» Nun will sie wissen, ob sich dieser Verdacht auch in der Schweiz bestätigt.
«Je besser wir das Profil der Steuerhinterzieher kennen, umso fokussierter können wir dagegen vorgehen», so Meyer. Dabei denkt sie an zusätzliche Steuerprüfer, gezieltere Kontrollen und ein schärferes Steuerstrafrecht.
SVP-Nationalrat Thomas Matter wehrt sich gegen Generalverdacht
«Eine Steuersünder-Studie ist unnötig», findet hingegen SVP-Nationalrat Thomas Matter (51, ZH). «Es gibt überall schwarze Schafe, aber es ärgert mich, wenn man alle Reichen unter Generalverdacht stellt und zu mutmasslichen Steuersündern stempelt», sagt der millionenschwere Banker. «Ich persönlich kenne keinen einzigen Reichen, der Steuern hinterzieht.»
Matter ortet das Problem anderswo: «Der grösste Teil der Steuerhinterziehung findet durch Schwarzarbeit statt – und das betrifft wohl eher Jobs mit kleineren Einkommen wie die nicht gemeldete Putzfrau oder das unversteuerte Trinkgeld der Serviceangestellten. Geld, dass auf keinem Bankkonto auftaucht.»
Mattea Meyer reicht Vorstoss ein
Meyer lässt sich davon nicht beirren. Sie wird ihren Vorstoss nächste Woche im Nationalrat einreichen.«Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt», sagt die SP-Frau. Hinterzogene Steuern seien der öffentlichen Hand geschuldete Gelder. «Fehlen diese Einnahmen, werden Leistungen abgebaut oder die Steuern erhöht. Und die ehrlichen Steuerzahlenden sind die Dummen.»