In wenigen Tagen steht die Corona-App «Next Step» zum Download bereit. Dank ihr werde ich gewarnt, wenn Frau Meier, neben der ich vor drei Tagen für zwei Stunden sass, positiv auf das Virus getestet wurde.
Wenn ab Montag die Restaurants wieder öffnen, hilft die App, eine zweite Welle zu vermeiden. Wenn ich es ausgiebig genossen habe, endlich wieder einmal auswärts zu essen, und es sich Frau Meier am Nebentisch ebenfalls hat gut gehen lassen, sollten erstens die Abstandsregeln im Gastro-Schutzkonzept dafür sorgen, dass ich mich nicht anstecke. Zweitens sieht das Schutzkonzept ja vor, dass ich mich registriere beim Restaurant. Ich werde also sowieso vom Kanton informiert, dass ich mich angesteckt haben könnte.
Mehr zur Tracing-App
Im Zug merkte es niemand
Was aber, wenn ich mich für eine Stunde in den Zug setze, um wieder einmal ein Basler Museum zu besuchen? Dass mich Frau Müller während der Fahrt vom Nebensitz aus angesteckt haben könnte, merkt niemand.
Hier kommen die Vorteile der App zum Zug. Sofern auch Frau Müller die App nutzt und sie einträgt, dass sie positiv getestet wurde, werde ich gewarnt. Ich erfahre zwar nicht, wo die mögliche Ansteckung erfolgt sein könnte und dass es Frau Müller war, die mich womöglich infizierte. Aber dank der App kann ich mich isolieren und testen lassen.
App soll Personal einsparen
Der Bund verlässt sich allerdings nicht auf die App. Für die Rückverfolgung der Ansteckungsketten – das sogenannte Tracing – sind eigentlich die Kantone verantwortlich. Und das ist Handarbeit: Tausende Helfer werden für die Nachverfolgung des Virus im Land herumtelefonieren – zuerst mit dem Infizierten, dann mit seinen Kontakten. Die App kann dieses Personal aber entlasten. Je mehr Personen in der Schweiz die App auf ihrem Handy installiert haben, desto nützlicher ist sie.
Ziel der App ist einerseits, den Personaleinsatz fürs Tracing verringern zu können. Denn schliesslich sollen die Ansteckungen so lange zurückverfolgt werden, bis ein Impfstoff oder ein wirksames Medikament zur Verfügung steht. Andererseits soll mit der App so bald wie möglich darauf verzichtet werden können, dass ich mich in der Bar registrieren muss, wenn ich ein Bier trinken will.
Parlamentsentscheid hat keinen Einfluss
Das Parlament hat in seiner Corona-Session zwar bestimmt, dass es für die App ein Gesetz braucht. Der Entscheid verzögert deren Einführung jedoch nicht. Sobald die ETH Lausanne (EPFL) grünes Licht gibt, kann es mit der App losgehen. Laut Epidemiologie-Professor Marcel Salathé wird das Mitte Mai der Fall sein. «Die App ist bereit», bestätigt EPFL-Präsident Martin Vetterli (62) gegenüber BlickTV.
Juristisch gesehen startet ab dann die «Testphase» für die App. Faktisch wird sie eingesetzt. Ist dereinst das Corona-App-Gesetz da, beginnt offiziell die ordentliche Phase. Vetterli spricht von einem «Seilziehen» zwischen Bundesrat und Parlament. Die Testphase kann zudem dazu genutzt werden, allfällige Schwachstellen der App zu finden und ihre Akzeptanz zu vergrössern.
Von Seiten des Bundes wird davor gewarnt, von der App wahre Wunder zu erwarten. Dies aber wohl auch, um die Öffnungsturbos, die die Schutzkonzepte verteufeln und möglichst alles sofort wieder in Betrieb nehmen wollen, in Schach zu halten.
Erste Erfahrungen mit der App werden wohl zeigen, dass es da und dort noch Feinjustierungen braucht. Doch wenn sich die Handy-App bewährt, dürfte sie ein wichtiges Instrument auf dem Weg zurück zur Normalität werden. «Mit all den verschiedenen Massnahmen sind wir gut aufgestellt, um eine zweite Infektionswelle zu verhindern», glaubt auch EPFL-Präsident Vetterli.
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
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