Sie waren nicht sicher
Armee verscherbelte Schrott-Masken

Zu einem Symbolpreis von 1 Rappen pro Stück hat die Armee im vergangenen Jahr Millionen von Masken abgegeben. Dabei waren auch Masken von äusserst zweifelhafter Qualität.
Publiziert: 24.01.2022 um 10:01 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2022 um 11:54 Uhr
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Über 3 Millionen Stück dieser Masken eines chinesischen Herstellers hat der Bund zum Symbolpreis von 1 Rappen pro Stück verkauft.
Foto: Facebook

Für Gemeinden, Kantone oder Heime war es ein Schnäppchen sondergleichen: Für 1 Rappen pro Stück verramschte die Armee im vergangenen Jahr Millionen von Hygienemasken. Hilfswerke bekamen die Masken sogar gratis.

Der Bund hatte die Masken Anfang 2020 zu horrenden Preisen eingekauft. Nun nahte das Verfalldatum. Um sie nicht wegwerfen zu müssen, entschied sich der Bund, sie zum symbolischen Preis weiterzugeben.

Eine gute Sache, könnte man meinen. Doch nun wird bekannt: Unter den Masken, die die Armee verscherbelte, befanden sich auch solche minderwertiger Qualität. Unterlagen, die dem «Tages-Anzeiger» vorliegen, zeigen, dass seit Februar vergangenen Jahres rund 3,3 Millionen Hygienemasken namens «WS Protection, Love is Power» der chinesischen Firma Sichuan Zhengning verteilt wurden.

«Verantwortungslos und fahrlässig»

Das, obwohl die Maske bei einem Test im Labor Spiez durchgefallen war. Bei dem wichtigsten Kriterium, der Durchlässigkeit des Stoffes, hätten die Masken «signifikant schlechter» abgeschlossen als die Referenz-Maske, so der «Tages-Anzeiger». Sie hätten rund zwei- bis viermal mehr Partikel durchgelassen als die anderen getesteten Masken. Zudem hatte das deutsche Bundesland Bayern für die «Love is Power»-Masken wenige Tage vor dem Test in Spiez eine Produktewarnung herausgegeben. Er erfülle die erforderliche Norm nicht, so die Begründung. Und weiter: «Es handelt sich daher nicht um eine für den medizinischen Bereich geeigneten Mund-Nasen-Schutz. Aus diesem Grund werden die Masken zurückgerufen.»

Laut Margit Widmann, Spezialistin für die Prüfung und Regulierung von Medizinalprodukten, war es von der Armee angesichts dieser Tatsachen «verantwortungslos und fahrlässig», die Masken 2021 noch in Umlauf zu bringen. Der Bund sagt nicht, wer genau die Masken erhalten hat. Es könnten Spitäler oder Heime darunter sein. Ein Teil der Masken könnte laut «Tages-Anzeiger» auch von der Armee eingesetzt worden sein.

Armee verteidigt sich

Die Armee hat laut eigenen Angaben nichts von dem Rückruf gewusst. Sie verteidigt die Weitergabe an Behörden und Institutionen. «Bei Medizinprodukten der Klasse I, unter welche auch Hygienemasken fallen, erklärt der Hersteller in Eigenverantwortung die Konformität seines Produktes», sagt Sprecher Stefan Hofer. Die Armeeapotheke habe die Konformitätserklärung der «Love is Power»-Masken «geprüft und für gut befunden». Beim Test im Labor Spiez habe es sich lediglich um eine «Vergleichsprüfung» gehandelt, die «keine Aussagekraft bezüglich einer Normerfüllung oder der Qualität eines Produktes» habe. (lha)

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