An diesen Mittelfinger müssen sich die Schweizerinnen und Schweizer wohl gewöhnen. Nachdem Mathilde Mottet (28), SP-Gemeinderätin aus Monthey VS und seit kurzem Co-Präsidentin der SP Frauen, am vergangenen 1. August der Schweizerfahne den Stinkefinger gezeigt hatte, wiederholte sie diese Geste nun diese Woche. Am Dienstag zielte sie allerdings nicht auf ein Nationalsymbol, sondern auf ihren Fraktionschef aus dem Gemeinderat von Monthey, den sie des Mobbings beschuldigt.
Der Eklat geschah auf dem äusserst linken Kanal Eteicos des Live-Streaming-Videoportals Twitch. Dort war die Walliserin, die am 10. Februar neben Nationalrätin Tamara Funiciello (34) zur Co-Chefin der SP-Frauen Schweiz gewählt wurde, eingeladen, um bei ein paar Dosen Bier über Politik reden.
Kritik an den eigenen Genossen
Mottet, die nach ihrer 1.-August-Aktion eine Online-Hasswelle ungeheuren Ausmasses erfahren musste, fühlt sich sichtlich wohl und plaudert frisch von der Leber. So sind alt Bundesrat Alain Berset (51) und sein Nachfolger Beat Jans (59) für sie keine richtig linken Politiker. Es gebe zwei Sorten Sozialisten: die «Reformorientierten», die an eine Politik der kleinen Schritte glauben und die Institutionen respektieren, und die «Revolutionären», die der Meinung sind, dass radikalere Massnahmen notwendig sind, um den Kapitalismus zu überwinden.
Mottet versteckt ihre Meinung nicht und offenbart, dass sie zur zweiten Kategorie gehört. Ihrer Meinung nach sollte die SP den Bundesrat verlassen, um echte Oppositionspolitik zu machen.
Und das ist nicht ihre einzige Kritik an den Genossen: Die Ortspartei in Monthey habe «keine Linie», kritisiert sie – und dann kommt es: «Mein Fraktionschef mobbt mich seit dem berühmten Stinkefinger vom August ... bah, hier», sagt sie und streckt wiederum den Mittelfinger in die Kamera. «Ich glaube zwar nicht, dass du uns zuschaust, aber das ist ein kleiner persönlicher Rachefeldzug», fährt sie lachend fort.
Kurze Entschuldigung
Der Mann, den sie des Mobbings beschuldigt, heisst Fabien Thétaz (34). Da sie das Mobbing nicht weiter ausführt, fragt Blick nach: Was genau wirft Mottet ihm vor?
Am Telefon ist der Politikerin das Unbehagen anzumerken. Zunächst versuchte sie, die Veröffentlichung des Artikels zu verhindern. Schliesslich lenkt sie ein und äussert sich, allerdings nur mit einer knappen, schriftlichen Erklärung: «Ich bedaure meine Geste und meine Äusserungen» schreibt sie. «Ich möchte mich nicht weiter zu diesem Thema äussern, da es keine politische Relevanz hat und ich mich vor Cybermobbing schützen muss, dem ich, wie viele andere Frauen in der Politik, regelmässig ausgesetzt bin.»
Schlechte Stimmung
Thétaz äussert sich ebenfalls nur schriftlich. «Ich bin sehr überrascht und enttäuscht über die Äusserungen von Mathilde Mottet. Es beruhigt mich, dass sie ihre Aussage bedauert», schreibt er. Nach der 1.-August-Polemik habe es eine offene Diskussion innerhalb der Fraktion gegeben. «Ich werde mit der Partei sprechen, damit auch jetzt ein Dialog mit Mathilde Mottet stattfinden kann.»
Kann er sich auch weitere Schritte vorstellen? «Dafür verweise ich an die Instanzen der Partei», sagt er ausweichend. Immerhin: Der Stream ist nach der Blick-Anfrage von Twitch gelöscht worden.