100 Tage im Amt: So hat sich Bundesrat Beat Jans geschlagen
Der Genosse, der die Bürgerlichen überraschte

Der neue Bundesrat Beat Jans hat in seinen ersten 100 Tagen eine härtere Gangart im Asylwesen angekündigt. Das kommt einerseits bei der Bevölkerung gut an. Andererseits sind die Erwartungen an den SP-Mann nun besonders hoch.
Publiziert: 01.04.2024 um 00:48 Uhr
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Aktualisiert: 01.04.2024 um 16:18 Uhr
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Der neue SP-Justizminister Beat Jans schlug mehrere Verschärfungen im Asylwesen vor, die im eigenen SP-Lager nicht nur für gute Reaktionen sorgten.
Foto: Keystone
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Sophie ReinhardtRedaktorin Politik

Man kann von einem Senkrechtstart sprechen, den Beat Jans (59) hingelegt hat: Bei einer Tamedia-Umfrage landete der neue Asylminister, noch nicht mal zwei Monate im Amt, als beliebtester Bundesrat zuoberst auf dem Treppchen.

Sympathiepunkte brachte dem Basler, dass er gleich von Anfang an einen deutlich härteren Kurs im Asylwesen fährt als seine Vorgängerin Elisabeth Baume-Schneider (60). Dies tat der SPler, in dem er ankündigte, er führe ein 24-Stunden-Verfahren für Migranten aus Ländern wie Tunesien, Algerien und Marokko ein. Ein Zürcher Pilotversuch dazu war zwar noch von seiner Vorgängerin und Parteikollegin eingefädelt worden, doch Jans stellte sich hin und sagte: Das machen wir weiter – schweizweit.

Auf und neben dem Platz rollt der Ball

Als Regierungsmitglied, das dem Staatssekretariat für Migration (SEM) vorsteht, besuchte Jans bald Bundesasylzentren, bei denen sich die Nachbarn wegen vermehrter Einbrüchen unsicher fühlten. Vor Ort schüttelte er Hände, hörte zu und zeigte sich bereit, raschere Asylverfahren und konsequentere Wegweisungen in Drittstaaten ins Auge zu fassen. «Wer denkt, linke Politik heisst Wegschauen von Problemen, irrt sich», sagte er nach knapp 50 Tagen im Amt. Bei kriminellen Ausländern müssten sämtliche straf- und ausländerrechtlichen Massnahmen «bis hin zur Administrativ- oder Ausschaffungshaft» ausgeschöpft werden, um diese Leute von weiteren Delikten abzuhalten, stellt der frischgebackene Justizminister klar.

Aber es ist nicht nur sein Auftreten als Asylminister. Nebenbei spielte Jans mal kurz im FC Nationalrat als linker Aussenverteidiger und gab sich so gegenüber den Parlamentariern nahbar. Ob ihm das gepflegte Passspiel nicht nur auf dem Rasen, sondern auch unter der Bundeshauskuppel gelingt, muss sich weisen. Als Schlagzeuger in der Bundeshausband gelingt es ihm jedenfalls gut, den Takt vorzugeben.

«Für Linke unwürdig»

Bislang klingt in bürgerlichen Ohren gut, was Jans ankündigt. Der SP-Bundesrat mache den Anschein, als würde er Probleme wahrnehmen, sagt der neue SVP-Asylchef und Nationalrat Pascal Schmid (47). «Jans hat viel angekündigt, jetzt will ich Taten sehen», fordert er jedoch gegenüber Blick. Schmids Partei wird beim Thema Asyl nicht locker lassen: Die SVP will dem Justizminister 220 Asyl-Forderungen übergeben. Viele davon hat die Partei schon mehrfach erhoben.

Positiv tönt es auch aus den Kantonen. Man erlebe einen pragmatischen Bundesrat, heisst es von dort. Jans sei noch nicht ganz sattelfest, verdränge aber die Probleme nicht und mache einen unideologischen Eindruck, sagen auch verschiedene Parlamentarier hinter den dicken Mauern des Bundeshauses.

Auf der anderen Seite hadern die Genossen mit ihrem Bundesrat. Der abtretende Juso-Präsident Nicola Siegrist (27) nannte die Verschärfungen im Asylwesen «für Linke unwürdig!». Er zweifelte öffentlich daran, dass bei Asylverfahren, die nach 24 Stunden abgeschlossen sind, die Rechte der Asylsuchenden gewährt sind. Auch SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (38) sagte gegenüber Watson über die Asylpolitik seines eigenen Bundesrats: «Die aktuellen Ankündigungen machen mir Sorge.»

Jans muss Betten finden

Der Druck in seinem Hauptdossier, dem Asylwesen, wird kaum abnehmen. Das Departement des Baslers rechnet selbst damit, dass 2024 mit 33'000 Asylbewerbern nochmals mehr Migranten in der Schweiz Schutz suchen als im letzten Jahr.

Das heisst: Jans muss in den nächsten Monaten Betten für neue Flüchtlinge auftreiben – ohne grossen Unmut in der Bevölkerung zu erzeugen. Was keine leichte Aufgabe wird. Bis jetzt konnte er nicht sagen, wie er die Aufgabe meistern will, an der schon seine Vorgängerin zu beissen hatte. Umso mehr, als Jans angesichts der angespannten Finanzlage sparen muss.

Schutzstatus S – wie weiter?

Erschwerend hinzu kommt, dass der Krieg in der Ukraine kaum bald beendet sein dürfte. Es ist unrealistisch, dass die in der Schweiz angekommenen Ukrainerinnen bald heimkehren: Ihr Schutzstatus S, der auf Rückkehr ausgelegt ist, wird darum in den nächsten Monaten weiterhin für Diskussionsstoff sorgen – und die Frage an Dringlichkeit gewinnen, ob die Kriegsflüchtlinge ins ordentliche Asylverfahren aufgenommen werden sollen.

Das sind alles keine günstigen Voraussetzungen, dass Beat Jans das beliebteste Bundesratsmitglied bleibt. Doch eben: Die Voraussetzungen waren schon bei Amtsantritt schlecht – und der Basler hat dennoch viele von sich überzeugen können.

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