Darum gehts
- Schweizer Botschafter fordert mehr Nato-Übungen, aber keinen Bündnisfall
- Pitteloud sieht Optimierung der Armee und Datenzugang als sinnvollen Mittelweg
- Nato-Vertreter nehmen die Schweiz als bedeutende Wirtschaftsmacht Europas ernst
Die Schweizer Politik wirkt bis heute unentschlossen, wie sie auf die neue Bedrohungslage reagieren will. Eine komplette Aufrüstung sei viel zu teuer und politisch aussichtslos. «Die andere Extremvariante ist: Wir wursteln uns weiter durch und behaupten einfach, wir seien verteidigungsfähig», sagt Jacques Pitteloud, der Schweizer Botschafter für Belgien und die Nato.
«Das ist unseriös»
«Aber wenn uns ein Aggressor testet, sind wir leider verloren. Das ist unseriös», hält Pitteloud fest. «Wir müssten unsere Soldaten in den Krieg schicken und sagen: Sorry, Leute, wir haben zu wenig aufgerüstet, weil wir politisch keinen Konsens fanden. Und einen Zugang zu relevanten Daten haben wir auch nicht, aber kämpft doch mal!»
Für Botschafter Pitteloud gibt es daher nur einen sinnvollen Mittelweg: «Wir optimieren möglichst schnell unsere Armee und überlegen uns, wie wir Zugang zu wichtigen Daten bekommen, ohne die Neutralität aufgeben zu müssen.»
In Nato-Kreisen gebe es Verständnis für die Schweizer Neutralität und die politischen Realitäten in einer direkten Demokratie, sagt Pitteloud in einem am Freitag veröffentlichten Gespräch gegenüber der «NZZ». Nato-Vertreter würden die Schweiz – als eine der bedeutendsten Wirtschaftsmächte Europas – sehr ernst nehmen.
Nato erwartet mehr Engagement
Kritisch sei die Haltung aber bezüglich des Waffenexportgesetzes. «Oder wenn zu Unrecht behauptet wird, wir würden die russischen Spione auf unserem Territorium gewähren lassen», sagt der Botschafter. Die Nato erwarte, dass sich die Schweiz mehr engagiere.
Die Schweizer Milizarmee ist seiner Auffassung nach gut genug aufgestellt, um an Nato-Übungen teilzunehmen. Die Armee profitiere von den zivilen Tätigkeiten ihrer Soldatinnen und Soldaten.