Es musste schnell gehen. Um Schweizer Firmen in der Corona-Krise zu helfen, hat Finanzminister Ueli-Maurer (69) zusammen mit den Banken in Windeseile ein 40-Milliarden-Hilfspaket aus dem Boden gestampft. Schnell und unbürokratisch sollte diese an Kredite kommen.
Doch nun zeigt sich: Darunter haben teilweise die Abklärungen gelitten. In gut 400 Fällen gibt es Hinweise auf mögliche Missbräuche. Das zeigt ein Zwischenbericht der eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK). Dabei geht es um Bürgschaften von insgesamt rund 88 Millionen Franken.
Verdächtige Umsatzangaben
So sollen – trotz Verbot – Dividenden ausbezahlt worden sein. Daneben gehe es um Doppelauszahlungen oder um falsche Angaben zum Firmenumsatz, schreibt die EFK in ihrem Bericht. Bei einem von zehn Anträgen weiche der deklarierte Umsatz um mehr als 25 Prozent vom Betrag ab, der für die Berechnung der Mehrwertsteuer angegeben worden sei.
Die gute Nachricht: Die 400 Verdachtsfälle sind nur knapp ein Prozent von bisher 94'000 untersuchten Corona-Krediten mit einem Gesamtumfang von 11,4 Milliarden Franken. Man dürfe deshalb nicht von einem Massenphänomen ausgehen, schreibt die Finanzkontrolle: «Gleichwohl, es gibt sie, die Hinweise.»
Polizei verhaftet fünf Personen
Um die Gelder schnell an die Bedürftigen zu bringen, habe man die Kontrollen reduziert oder gar nicht erst durchgeführt. Welche Auswirkungen das tatsächlich habe, werde sich erst noch zeigen. Ihre bisherigen Befunde leitet die EFK nun an das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) weiter. Weil sich die Probleme schon früh abzeichneten, hat Bundesrat Maurer die Strafen für Missbrauch nachträglich bereits verschärft.
Und tatsächlich ist es bereits zu ersten Festnahmen gekommen. So teilte die Kantonspolizei Zürich am Donnerstag mit, dass sie in den Kantonen Aargau, Zug und Zürich fünf Personen wegen des Verdachts auf Covid-Kreditbetrug verhaftet habe. Die mutmasslichen Betrüger sollen bei verschiedenen Banken mit unwahren Angaben Kredite von mehreren Hunderttausend Franken erschlichen haben.
Bei den Hausdurchsuchungen wurden Dokumente, Datenträger und Vermögenswerte sichergestellt. Weitere Abklärungen seien im Gange. Bei den Festgenommenen handelt es sich um vier Männer und eine Frau im Alter von 21 bis 52 Jahren aus dem Kosovo und der Schweiz. Zwei Personen wurden nach den polizeilichen- oder untersuchungsrichterlichen Befragungen entlassen; drei befinden sich in Untersuchungshaft.
Banken profitieren
Die EFK hat zudem den Zinsertrag errechnet, mit dem Banken rechnen können, die im Auftrag des Bundes Corona-Kredite vergeben. Beim aktuellen Referenzzinssatz von –0,75 Prozent dürfte dieser Betrag rund 110 Millionen Franken betragen. Zwar werden die Solidarbürgschaften zinslos vergeben. Die Banken erhalten durch die aktuelle Negativzinsregelung aber dennoch eine Vergütung.
Der grösste Anteil an Solidarbürgschaften ging an den Detail- und Grosshandel. Danach folgten das verarbeitende Gewerbe, das Baugewerbe sowie das Gastgewerbe und Beherbergungsbetriebe. Der durchschnittliche Betrag lag bei rund 122'000 Franken.
Kurzarbeitsentschädigung ist noch heikler
Für Kurzarbeit wurden bis Anfang Mai Zahlungen von über einer Milliarde Franken ausgelöst, wie die EFK weiter schreibt. Betroffen waren mehr als 700'000 Angestellte oder jede siebte berufstätige Person in der Schweiz.
Beim Kreditprogramm seien die Anreize für Missbräuche ohnehin begrenzt. Denn die Kredite sind zumindest im Prinzip zurückzuzahlen. Anders sieht das bei den Erwerbsersatzzahlungen für Selbstständige und bei Kurzarbeitsentschädigungen aus. Für diesen Bereich liegt noch keine umfassende Analyse der EFK vor. (dba)