Was plant Ueli Maurer?
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Rochaden und Gerüchte:Was plant Ueli Maurer?

Rücktritt bei einem Ja zum EU-Rahmenabkommen
Führt Ueli Maurer den Anti-EU-Kampf an?

SVP-Bundesrat Ueli Maurer macht aus seiner Abneigung gegen das EU-Rahmenabkommen keinen Hehl. Für ihn wäre ein Ja zum Deal gar ein Rücktrittsgrund, heisst es in Bundesbern. Und er wäre frei, sich im Abstimmungskampf an vorderster Front gegen den Vertrag zu engagieren.
Publiziert: 04.11.2020 um 00:26 Uhr
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Aktualisiert: 12.11.2020 um 07:54 Uhr
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Bundesrat Ueli Maurer posierte im Sommer mit einem provokanten T-Shirt – hier mit Ex-SVP-Chef Toni Brunner.
Foto: Screenshot
Ruedi Studer

Kommt es bald zum Sesselrücken im Finanzdepartement? Bereitet SVP-Bundesrat Ueli Maurer (69) seinen Rücktritt vor? Der Finanzminister befördert nämlich seine Generalsekretärin Rahel von Kaenel an die Spitze des Eidgenössischen Personalamts. Die Rochade sorgt in Maurers Departement für Unruhe, wie der SonntagsBlick berichtet.

Vor allem aber: Maurer selbst nährt die Rücktrittsspekulationen. «Kommt das EU-Rahmenabkommen durch, trete ich zurück», habe er seine Bundesrats-Gschpänli sinngemäss an einer Sitzung gewarnt, berichten zwei bundesratsnahe Quellen.

In den Gängen des Bundeshauses wird nun gemutmasst, dass Maurer eine neue Führungsrolle übernehmen will. «Tritt er zurück, um den Kampf gegen das Rahmenabkommen anzuführen, wird er in der SVP zur Legende», heisst es in Bundesbern. «Damit könnte er auch der SVP wieder Schub geben.»

Maurer und die «verfluchten Vögte»

Ein solcher Überraschungscoup ist durchaus plausibel. Schon im Abstimmungskampf um die Begrenzungs-Initiative hat Maurer Opposition gegen die Nein-Empfehlung des Bundesrats markiert. Im SVP-Extrablatt macht er aus seinen Sympathien für die Initiative keinen Hehl. Zur Freude seiner Partei: «Maurer hat eine längerfristige und internationale Perspektive und verkauft seine Seele nicht an Brüssel», kommentierte SVP-Nationalrätin Esther Friedli (43) den Auftritt.

Wenig später doppelte Maurer nach: Auf einem Facebook-Foto posiert er mit einem provokanten T-Shirt: «Tell, wo bist du?», so die Aufschrift. Und: «Die verfluchten Vögte sind wieder im Land!» Erneut erntete er den Applaus seiner Partei.

Es wäre also nichts als logisch, wenn sich Maurer künftig statt der Bewältigung des Corona-Schuldenbergs dem Anti-EU-Kampf widmet, sollte das Rahmenabkommen eine wichtige Hürde nehmen.

SVP-Aeschi traut Maurer den Coup zu

SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (41) traut Maurer einen solchen Coup durchaus zu. «Stimmt das Parlament dem EU-Vertrag zu, kann ich mir gut vorstellen, dass Maurer die Konsequenzen zieht», sagt der Zuger Nationalrat zu BLICK. «Der Vertrag ist eine grosse Gefahr für die Freiheit und Unabhängigkeit der Schweiz, das sieht auch Maurer so.»

Aeschi erinnert sich auch an Maurers Zeit als SVP-Präsident. «Er war ein engagierter Abstimmungskämpfer.» Einer, der sich für das einfache Volk interessiere und nicht an seinem Amt hänge. «Tritt Maurer ab, kann er frei gegen das Abkommen antreten. Dann könnte er sich – ähnlich wie Christoph Blocher 1992 beim EWR-Vertrag – an die Spitze stellen und voller Überzeugung gegen die EU-Anbindung kämpfen.»

Aeschi schliesst aber aus, dass Maurer noch dieses Jahr seinen Abschied gibt. Sollte das Abkommen nicht schon an der Hürde in Brüssel oder im Bundesrat selbst scheitern, ist ein Parlamentsentscheid frühestens 2021 denkbar – eher 2022.

Zudem ist offen, wie das neue Verhandlungsmandat aussieht. Letzte Woche hat der Bundesrat das Thema nur kurz besprochen, weil ihm neben dem neuen Corona-Paket zu wenig Zeit blieb. Dem Vernehmen ist unklar, ob es diesen Mittwoch für eine Aussprache reicht – ein Entscheid fällt jedenfalls erst später.

Spielchen um freien SVP-Sitz

Klar ist: Ein solcher Rollenwechsel würde der gebeutelten SVP neuen Schub verleihen. Gleichzeitig könnte ein freier SVP-Sitz die Machtgelüste anderer Parteien wecken. «Es wird sicher wieder Spielchen geben, um uns den Sitz streitig zu machen», so Aeschi. Sorgen macht er sich deswegen aber keine: «Unser Anspruch auf zwei Sitze ist von allen Parteien am deutlichsten.»

Und sollte das Rahmenabkommen vorzeitig beerdigt werden, ist denkbar, dass der SVP-Magistrat bis 2023 im Amt bleibt – oder sogar noch einmal antritt.

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