SVP-Nationalrätin Esther Friedli (45) hat eine Mission: Am Sonntag will sie endlich einen St. Galler Ständeratssitz für die SVP erobern. Die Partei hat es schon mit vielen Kandidaten probiert: Thomas Müller (70), Roland Rino Büchel (57), Mike Egger (30) und der ehemalige Parteipräsident Toni Brunner (48) haben es versucht – und sind gescheitert. Keiner schaffte es, den Polit-Dino Paul Rechsteiner (70) aus dem Amt zu drängen. Nun ist er weg, nach über 36 Jahren im Bundeshaus.
Nur noch drei Frauen können Friedli stoppen. Auch sie haben sich in Bundesbern einen Namen gemacht: die Nationalrätinnen Barbara Gysi (58, SP), Franziska Ryser (31, Grüne) und Susanne Vincenz-Stauffacher (56, FDP). Friedlis Chancen stehen dabei nicht schlecht. In einer repräsentativen Umfrage des «St. Galler Tagblatts» erreichte sie über 41 Prozent der Stimmen. Vincenz-Stauffacher, Ryser und Gysi kämpften dicht gedrängt um Platz zwei.
Martullo-Blocher zahlte Inserate
Friedli, die anfangs als Frau an Toni Brunners Seite bekannt wurde, hat sich längst als eigenständige SVP-Politikerin profiliert. Da sie eine namhafte Vertreterin der stärksten Partei im Kanton ist, verwundert ihr Vorsprung wenig. Sie hat aber auch am meisten Geld zur Verfügung. Rund 150'000 Franken will sie für Plakate und Wahlkampf-Goodies ausgegeben haben. Die Konkurrentinnen Gysi und Vincenz-Stauffacher arbeiten mit 120'000 respektive 100'000 Franken. Franziska Ryser gibt laut «Tagblatt» 50'000 Franken aus.
SVP-Politikerin Friedli kann zudem auf prominente Unterstützung zählen. So bestätigt Ems-Chefin und Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (53) gegenüber Blick, dass sie Wahlinserate für die SVP-Kandidatin bezahlte. Wie hoch der dafür eingesetzte Betrag ist, könne sie nicht sagen, da sie «die Rechnung noch nicht gesehen habe», erklärt sie. Es sei aber «sehr wenig». Zudem sei sie ja noch nicht verpflichtet, dies offenzulegen, weil bei dieser Wahl keine Transparenzregeln gelten.
Bauern helfen ebenfalls
Auch der St. Galler Bauernverband und der Bäuerinnenverband unterstützen Friedli – sogar mit einer eigenen Kampagne. «Die Anliegen der bäuerlichen Bevölkerung stehen weit oben in der politischen Agenda von Esther Friedli», begründen die Verbände das Engagement. Aufs Budget angesprochen, sagt Bauernpräsident Markus Ritter (55), man habe «weniger als 10'000 Franken» in die Kampagne investiert. Hinzu kämen unzählige unbezahlte Arbeitsstunden, fügt das Mitglied des St. Galler Landwirtschaftsrats an, des Bauernparlaments des Kantons.
Trotz prominenter Unterstützung: Die Chancen, dass Friedli ihre Mission schon am Sonntag erfüllt, sind klein. Ein zweiter Wahlgang ist wahrscheinlich – entscheidend ist dann, wie sich die Konkurrenz verhält. Zwischen Gysi und Ryser gibt es eine Abmachung: Wer weniger Stimmen macht, zieht sich zurück. Die Gefahr besteht jedoch, dass die verbleibende Kandidatin der moderaten FDPlerin Vincenz-Stauffacher Stimmen wegnimmt.