Er ist der mit Abstand amtsälteste Parlamentarier: Paul Rechsteiner (70). 36 Jahre politisierte der St. Galler unter der Bundeshauskuppel. Nun ist Schluss. «Ich werde nicht mehr kandidieren», kündigt der SP-Mann gegenüber dem «St. Galler Tagblatt» an.
«Ich bin 70 geworden, und ich denke, es ist erlaubt, den Schritt jetzt zu machen.» Er habe nie geplant, derart lange in der Bundespolitik zu bleiben. «Irgendwann war der Entscheid fällig, und jetzt ist der geeignete Zeitpunkt gekommen.»
Erwartet wurde, dass Rechsteiner zu den Wahlen im Oktober 2023 nicht mehr antritt. Nun nimmt er schon Ende dieses Jahr den Hut. Und bringt einmal mehr die politische Konkurrenz in die Bredouille – diese muss jetzt nämlich in aller Eile Kandidaten für seine Nachfolge suchen.
Und das gibt der Polit-Dinosaurier auch zu: «Ich habe den Zeitpunkt deshalb gewählt, weil er zu einer Einer-Vakanz und einer separaten Ersatzwahl in St. Gallen führt, bevor dann die eidgenössischen Wahlen im Herbst stattfinden», so Rechsteiner im Interview. «Die Ersatzwahl wird eine st.gallische Wahl sein, die von st.gallischen Themen geprägt sein wird und weniger von schweizweiten Fragen, die jeweils im Nationalratswahlkampf dominieren.»
Wünscht sich Gysi als Nachfolgerin
Das Vorgehen erhöht auch die Chance, dass die SP den Sitz im Ständerat halten kann – der wackelt nämlich, erwartet wird, dass die FDP gute Chancen hat, würde Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher antreten wird (55).
Das will Rechsteiner verhindern: Implizit spricht er eine Wahlempfehlung aus. «Die bisherige Kombination funktioniert gut: einerseits ein ehemaliges Nationalratsmitglied mit viel Erfahrung und guter Vernetzung in Bundesbern, andererseits ein profiliertes ehemaliges Regierungsmitglied.» Heisst: Neben dem Mitte-Ständerat Benedikt Würth (54) soll künftig SP-Nationalrätin Barbara Gysi (58) oder ihre Ratskollegin Claudia Friedl (62) für den Kanton St. Gallen im Ständerat sitzen.
Politisches Schwergewicht
Rechsteiner gehörte zu den einflussreichsten Parlamentariern, auch weil er lange Zeit parallel Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes war. Seine Spezialität war es, überparteilich Lösungen zu finden – beispielsweise mit der heutigen Bundesrätin Karin Keller-Sutter.
Rechsteiner hat vor, nach seinem Rücktritt als Anwalt weiterzuarbeiten. (sf)