Laute Parolen, Pfeifen und vereinzelte Drohgebärden: Anhänger der «Ehe für alle» mochten sich mit dem Referendum gegen die Gesetzesrevision nicht abfinden. Eine Gegendemonstration versuchte, die Übergabe der Unterschriften an die Bundeskanzlei vom Montagnachmittag zu stören. Die Berner Polizei zeigte 49 Personen wegen Verletzung der Covid-19-Verordnung an. Diese wurden anschliessend weggewiesen.
Für das Referendum hat es doch noch gereicht. Nachdem die Unterschriften lange nur schleppend vorangekommen war, konnte das überparteiliche Komitee gegen die «Ehe für alle» nach eigenen Angaben 59'176 beglaubigte Unterschriften einreichen. Damit wird voraussichtlich über die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare abgestimmt.
Weitere 7334 Stimmen seien unbeglaubigt bei der Bundeskanzlei eingereicht worden, heisst es in einer Mitteilung des Referendums-Komitees.
«Gesellschaftspolitischer Dammbruch»
Die Einführung der «Ehe für alle» käme einem gesellschaftspolitischen Dammbruch gleich, der die historisch gewachsene und bisher von Bundesgericht und Bundesrat getragene Ehe-Definition als auf Dauer angelegte Verbindung zwischen Mann und Frau über Bord werfe. Dadurch stünden zentrale Eckpfeiler gesellschaftlicher Stabilität auf dem Spiel.
Das Parlament hatte im Dezember die Vorlage «Ehe für alle» verabschiedet. Das vor sieben Jahren von den Grünliberalen angestossene Geschäft öffnet die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Mit ihm erhalten zudem lesbische Ehepaare Zugang zur Samenspende. Der Nationalrat stimmte mit 136 zu 48 Stimmen bei 9 Enthaltungen zu, der Ständerat mit 24 gegen 11 Stimmen bei 7 Enthaltungen.
Ein überparteiliches Komitee mit Vertretern vor allem aus der Eidgenössisch-Demokratischen Union (EDU) und der SVP ergriff das Referendum. Die Gegner stören sich daran, dass die «Ehe für alle» ohne Verfassungsänderung eingeführt werden soll. Die Samenspende für Lesben-Paare schätzt das Komitee ausserdem als «rechtlich und moralisch bedenklich» ein. Das Kindeswohl bleibe auf der Strecke, so die Begründung.
Pro-Petition mit rund 100'000 Unterschriften
Um den Gegnerinnen und Gegnern des Gesetzes Paroli zu bieten, hat die Operation Libero ihrerseits eine Online-Petition für das Gesetz gestartet. Bis Montag unterschrieben nach Libero-Angaben rund 100'000 Personen die Forderung für «die Ehe für alle mit allen dazugehörenden Rechten und Pflichten». Es sei höchste Zeit für die Ehe für alle, heisst es in einer Mitteilung von Operation Libero vom Montag.
Heute können gleichgeschlechtliche Paare in vielen europäischen Ländern heiraten – aber nicht in der Schweiz. Gleichgeschlechtliche Paare haben hierzulande lediglich die Möglichkeit, ihre Partnerschaft eintragen zu lassen. Den Zivilstand «in eingetragener Partnerschaft» gibt es nur für gleichgeschlechtliche Paare.
Leihmutterschaft bleibt ausgeklammert
Die eingetragene Partnerschaft ist aber nicht mit denselben Rechten und Pflichten verbunden wie die Ehe. Unterschiede gibt es beispielsweise bei der Einbürgerung, aber auch die gemeinschaftliche Adoption von Kindern ist nicht erlaubt.
Eingetragene Partnerinnen und Partner können gemäss dem verabschiedeten Gesetz ihren Zivilstand in eine Ehe überführen. Vollständig gleichberechtigt mit heterosexuellen Paaren wären sie aber nicht.
Nicht Bestandteil der «Ehe für alle» ist die Leihmutterschaft, mit der auch verheiratete Männer-Paare Kinder bekommen könnten. Auch die Hinterlassenenrente wurde ausgeklammert, um die Vorlage nicht zu überlasten. (SDA/dba)