Auf einen Blick
- Proparis korrigiert Zahlen zur BVG-Reform.
- Reform führt zu höheren Renten für Geringverdiener.
- Einkommen unter 60'000 Franken profitieren von der Reform.
Wer profitiert, wer verliert? Das ist die Gretchenfrage der Abstimmung zur BVG-Reform am 22. September. Für viele Wählerinnen und Wähler dürfte sie entscheidend sein, wenn sie ihre Stimme an der Urne abgeben.
Umso rarer schienen darum die konkreten Zahlen in diesem Abstimmungskampf. Der Bund will sich nicht auf die Äste hinauslassen und äussert sich nur sehr zurückhaltend. Und auch die Pensionskassen gaben sich geheimniskrämerisch, wie Blick berichtete.
Da stiessen die Zahlen der Pensionkasse Proparis, einer grossen Kasse des Gewerbes, auf besonders grosses Interesse. Die Reform führe bei vielen Coiffeusen, Metzgern oder beispielsweise auch Gärtnerinnen zu teilweise happigen Renteneinbussen, berichtete der «Tages-Anzeiger» im Juni. Das diente den Gegnern der Reform also Munition im Abstimmungskampf.
Proparis muss Zahlen korrigieren
Diese Zahlen stimmen allerdings gar nicht, räumte Proparis letzte Woche gegenüber SRF und den Zeitungen von «CH Media» ein. Nun hat die Stiftung nachgerechnet. Und das Ergebnis fällt tatsächlich anders aus. Eine knappe Mehrheit der Proparis-Versicherten würde mit der Reform nämlich höhere Renten erhalten.
Vor allem für Menschen mit tieferen Löhnen würde die Reform zu besseren Renten führen. Bei einem Einkommen unter 60'000 Franken im Jahr fällt die Rente mit der Reform fast durchwegs höher aus.
Grund für den Unterschied: In der ersten, falschen Berechnung haben die Zahlen die Situation aus Sicht der Kasse gezeigt, erklärt Pensionskassenexperte André Tapernoux dem «Tages-Anzeiger». Er hat die Berechnungen erstellt. So gibt es etwa verschiedene Kosten, welche die Kasse pro versicherter Person übernimmt, die aber einzelnen Versicherten nicht direkt verrechnet werden. Die korrigierte Berechnung zeigt inzwischen die Zahlen aus Sicht der versicherten Person.
Befürworter und auch Gegner fühlen sich bestätigt
Die neuen Zahlen sind Wasser auf die Mühlen der Befürworter. «Die Zahlen verkehren sich ins Gegenteil – die Mehrheit der Versicherten erhält mehr Rente», sagt Michael Köpfli, Projektleiter der Ja-Kampagne. Die Gewerkschaften hätten offensiv mit diesen Zahlen argumentiert, «und dieses Argument fällt nun in sich zusammen».
Die Zahlen zeigen allerdings auch: Es gibt sie, die Verlierer der Reform. Bei den Versicherten mit Löhnen über 60'000 Franken sind sie in der Mehrheit. Für rund 70 Prozent der über 50-jährigen Versicherten mit mittlerem Einkommen führe die Reform zu tieferen Renten trotz steigenden Einzahlungen in die eigene Pensionskasse, so SGB-Vertreterin Gabriela Medici.
Trotz neuem Anlauf: Die Zahlen seien laut Proparis noch immer mit Vorsicht zu geniessen, halten die Zeitungen von «CH-Media» fest. Sie würden auf stark vereinfachten Annahmen beruhen. Etwa, dass die Versicherten in ihrem Berufsleben immer denselben Lohn verdienen, was unrealistisch ist.