Kritischen Parlamentariern bleibt nur, die Faust im Sack zu machen. Die Schweiz soll militärisch enger mit der EU kooperieren und künftig an zwei Projekten der EU-Verteidigungsinitiative Pesco teilnehmen – ob es den National- und Ständeräten nun passt oder nicht. Der Bundesrat hat am Mittwoch die Pläne von Verteidigungsministerin Viola Amherd (62) abgesegnet.
Pesco steht für Permanent Structured Cooperation – ständige strukturierte Zusammenarbeit – und besteht aus Dutzenden Projekten, mit denen die Verteidigungsfähigkeit der EU gestärkt werden soll. Aber auch Drittstaaten wie die Schweiz können sich Projekten anschliessen.
Gemeinsame Cyber-Übungen
Einerseits will Amherd ausländischen Truppen erleichtern, die Schweizer Grenzen zu überqueren. Das entsprechende Programm wird auch «Schengen der Streitkräfte» genannt. Damit sollen grenzüberschreitende Truppentransporte vereinfacht werden – wobei das nicht heisst, dass bewaffnete ausländische Truppen im Falle eines Kriegs einfach ungehindert durch die Schweiz reisen könnten.
Das zweite Programm sieht gemeinsame Übungen zur Cyberabwehr vor. Auch die Ukraine will die Zusammenarbeit mit der EU in diesem Bereich stärken, was bedeutet, dass Schweizer Cyber-Soldaten künftig mit ukrainischen Kollegen den Ernstfall proben könnten.
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Der Bundesrat will mit dieser Zusammenarbeit die nationale Verteidigungsfähigkeit der Schweiz stärken. Die Teilnahme an den EU-Programmen ziehe aber weder Verpflichtungen nach sich, noch sei sie mit Automatismen verbunden, betont er. Die Schweiz prüfe Gesuche auch künftig von Fall zu Fall. Aus diesem Grund erkennt die Landesregierung auch keine Verletzung der Neutralität und unterstreicht: «Die Schweiz wird nicht an Übungen mit kriegsführenden Staaten teilnehmen.»
«Das ist unverschämt»
Auch wenn Pesco direkt nichts mit der Nato zu tun hat, bedeutet Amherds Vorhaben doch eine weitere Annäherung ans westliche Verteidigungsbündnis. Das ist insofern bemerkenswert, als dass der Nationalrat eben erst ein klares Zeichen gegen eine zu enge Anbindung gesetzt hat. Die Schweiz darf sich nicht an Nato-Übungen beteiligen, die den Bündnisfall trainieren, entschied der Nationalrat vergangenen Juni. Also an Übungen für den Fall, dass ein Nato-Mitgliedsstaat angegriffen wird. Der Ständerat hat sich dazu noch nicht geäussert.
Links und rechts im Parlament hatte bereits die Ankündigung dieser Teilnahme in Aufruhr versetzt. «Das ist unverschämt, gerade vor dem Hintergrund des Entscheids des Nationalrats zu den Nato-Übungen», hatte etwa SVP-Nationalrat Mauro Tuena (52) gegenüber Blick kritisiert. Auch die Teilnahme am europäischen Luftverteidigungssystem «Sky Shield» hatte der Bundesrat im Alleingang beschlossen – trotz Protest der Sicherheitskommission.
Für die SVP gibt der Bundesrat die Neutralität und die Souveränität unseres Landes leichtfertig auf, wie sie in einer Mitteilung schreibt: «Mit der Teilnahme am EU-Militärpakt setzt der Bundesrat zudem die Sicherheit der Schweizer Bevölkerung grobfahrlässig aufs Spiel.» Der Bundesrat müsse das Geschäft zwingend dem Parlament vorlegen.
Für Grünen-Nationalrätin Marionna Schlatter (43) ist eine Pesco-Kooperation zwar sinnvoll. «Doch, dass das Parlament nicht mitreden darf, ist stossend», hatte die Sicherheitspolitikerin bemängelt.
«Damit erhöhen wir die Sicherheit für die Schweiz»
Unterstützung erhält der Alleingang des Bundesrats hingegen aus der politischen Mitte. Aus ihrer eigenen Mitte-Partei wird Verteidigungsministerin Amherd ohnehin vorbehaltlos unterstützt. Getragen wird der Entscheid aber auch von der GLP: «Damit erhöhen wir die Sicherheit für die Schweiz», sagt Sicherheitspolitiker Patrick Hässig (45). «Es ist richtig, wenn wir mit europäischen Nationen, mit denen wir gemeinsame Werte teilen, zusammenarbeiten, um uns gegenseitig zu stärken.»
Die Teilnahme der Schweiz an den beiden EU-Programmen muss noch den beteiligten Staaten sowie dem EU-Rat zur Genehmigung unterbreitet werden.