Über mehrere Monate hinweg hat der Rüstungskonzern Ruag, der sich vollständig im Besitz des Bundes befindet, immer wieder für Negativschlagzeilen gesorgt. Erst sorgte CEO Brigitte Beck mit umstrittenen Aussagen zu Waffenlieferungen an die Ukraine für Aufsehen. Anfang August musste sie gehen.
Gleichzeitig hatte der Konzern im Ausland für rote Köpfe gesorgt, weil er an einem Panzer-Deal mit der deutschen Rheinmetall festhielt, obwohl das Nein des Bundesrats absehbar war. Ein Vorvertrag war bereits unterzeichnet. Ziel: 96 der Ruag gehörenden, in Italien eingelagerten Leopard-1-Panzer sollten über Deutschland in der Ukraine landen. Gegen Kritik, dass die Ruag trotz drohender Ablehnung durch die Genehmigungsbehörden auf den Deal beharrte, hatte sich der Konzern stets gewehrt.
Bund will es nun genau wissen
Verteidigungsministerin Viola Amherd (61) war selber in die Kritik geraten, weil unklar war, ab wann sie von dem geplanten Panzer-Deal gewusst hatte. Und ob sie ihre Bundesratskollegen nicht rechtzeitig informiert hatte.
Nun hat Amherd eine «umfassende externe Untersuchung» in Auftrag gegeben, wie ihr Departement am Montagabend mitteilte. Dabei würden die Umstände des Panzerkaufs im Jahre 2016 und die Vertragsunterzeichnung mit Rheinmetall untersucht.
Weiter werde geprüft, wie der Verwaltungsrat seiner Aufsichtspflicht über die Geschäftsleitung wahrnimmt und ob Anpassungsbedarf in der Zusammenarbeit zwischen Verwaltungsrat und dem Bund als Eigner besteht.
Der Ruag sollen gar nicht alle Panzer gehören
Denn an einer ausserordentlichen Ruag-Verwaltungsratssitzung vom Sonntag seien im Zusammenhang mit dem Panzerkauf nochmals neue Unstimmigkeiten festgestellt worden, über die Amherd noch gleichentags informiert worden sei. Nicht alle Zusammenhänge seien lückenlos nachvollziehbar, räumt auch die Ruag-Spitze in einer Mitteilung ein.
So habe sich herausgestellt, dass möglicherweise gar nicht alle 96 eingelagerten Panzer auch tatsächlich der Ruag gehören. Die Stahlkolosse waren 2016 von einer mittlerweile aufgelösten Abteilung gekauft worden. Und es gebe «einen potenzielle Eigentumsanspruch» eines deutschen Unternehmens an 25 Kampfpanzern.
Dieser mögliche Anspruch, der kürzlich eingefordert worden sei, resultiere aus einem früheren Vertrag. Die genaue Sachlage werde derzeit juristisch geprüft. Das Chaos bei der Ruag scheint gross zu sein.
Amherd will künftige Zusammenarbeit prüfen
Bereits in der Vergangenheit sei es zu Unstimmigkeiten bei Geschäftsaktivitäten in Zusammenhang mit den genannten Panzern gekommen, räumt der Konzern ein. So sei derzeit ein Ermittlungsverfahren in Deutschland hängig. Dieses wurde bereits vor anderthalb Jahren eingeleitet. Um die Sache zu klären, will nun auch der Ruag-Verwaltungsrat eine externe Untersuchung einleiten.
Darauf aber will Verteidigungsministerin Amherd nicht einfach warten. Sie lässt die verworrene Sachlage nun selber abklären. Das Vertrauen zur Führung des Schweizer Rüstungskonzerns scheint mittlerweile angeknackst zu sein. «Aufgrund der neusten Erkenntnisse» stellen sich für Amherd jedenfalls Fragen zur künftigen Zusammenarbeit von Ruag mit dem Bund als Eigner.