Die Corona-Skeptiker dürfen im Kampf gegen das Covid-Gesetz auf starken Zuwachs hoffen. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (42) weibelt bei seiner Partei für ein Nein zum Gesetz, über das im November abgestimmt wird. «Es ist Zeit, die Massnahmen endlich aufzuheben», findet er. Schliesslich seien die Risikopersonen grösstenteils geimpft, und eine Überlastung der Spitäler sei praktisch ausgeschlossen.
Ein Dorn im Auge ist den Gegnern des Gesetzes vor allem das Covid-Zertifikat. Für sie führen Zutrittsbeschränkungen wie etwa in Clubs oder an Grossanlässen, bei denen nur Geimpfte, Getestete oder Genesene zugelassen werden, zu einer «Zweiklassengesellschaft».
SVP-Aeschi: Neue Grundlage wäre rasch zu schaffen
Gewinnen sie die Abstimmung, wäre das Zertifikat Geschichte. Denn dann wäre dem Zertifikat die rechtliche Grundlage entzogen. Das bestätigt das Innendepartement (EDI) von SP-Bundesrat Alain Berset (49). Das wiederum heisst: Zutrittsbeschränkungen im Inland wären nicht mehr möglich. Aber auch Reisen ins Ausland dürften schwierig werden.
SVP-Fraktionschef Aeschi zeigt sich davon unbeeindruckt: «Der Bundesrat könnte bei Bedarf eine neue Grundlage für ein Reise-Zertifikat schaffen, aber in der Schweiz dürfte das Covid-Zertifikat nicht mehr als Eintrittsticket verlangt werden.»
Bestärkt fühlen dürfte er sich durch die Corona-skeptische Haltung innerhalb seiner Partei. In einer Umfrage der Forschungsstelle Sotomo gaben 62 Prozent der SVP-Wähler an, gegen das Zertifikat zu sein. In allen anderen Parteien ist die Zustimmung zum Ausweis hoch.
Rasche Erneuerung möglich, aber nicht wahrscheinlich
Nur: Ganz so einfach, wie sich das Aeschi vorstellt, ist es nicht. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) würde bereits ausgestellte Zertifikate zwar nicht einziehen, wie es auf Nachfrage erklärt. Doch ohne Rechtsgrundlage würden sie von der EU kaum mehr akzeptiert. Das hätte gerade für Schweizer Touristinnen und Touristen Folgen. Denn innerhalb der EU wird das Zertifikat sicher bis Juli 2022 zum Reisen nötig sein.
Zwar könnte die Schweiz die nötige Rechtsgrundlage für ein Reise-Zertifikat in einem beschleunigten Gesetzgebungsverfahren mit einem dringlich erklärten Bundesgesetz relativ rasch einführen. Der Bund müsste dafür allerdings einen neuen Ort finden, denn das Covid-Gesetz darf nach einem Volks-Nein nicht erneuert werden. «Eine Erneuerung der gesetzlichen Grundlage scheidet bei Annahme des Referendums aus», erklärt das BAG.
Ball würde beim Parlament liegen
Ein anderes Gesetz, etwa ein «Reise-Zertifikats-Gesetz», wäre aber möglich. Allerdings scheint sich die Lust dazu beim Bund in Grenzen zu halten. «Der Bundesrat ist nicht Gesetzgeber», so das BAG. «Wir können keine Prognose machen, ob das Parlament ein solches Gesetz schaffen wird.»
Immerhin: Wenn das Covid-Gesetz im November abgelehnt werden sollte, müssten Reisefreudige ihre Pläne nicht sofort stornieren. Denn das Zertifikat bleibe auch dann bis im März 2022 in Kraft, stellt das BAG weiter klar – ein Jahr nach Annahme durch das Bundesparlament.