Neue Köpfe, frischer Wind
Rückt der Bundesrat wieder näher zusammen?

Simonetta Sommaruga und Ueli Maurer treten ab. Das birgt auch die Chance für einen Neuanfang im Bundesrat. Denn das Gremium macht derzeit keine gute Figur.
Publiziert: 04.11.2022 um 00:16 Uhr
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Die Doppelvakanz öffnet den Weg für einen Neustart im Bundesrat.
Foto: Keystone
Ruedi Studer und Sermîn Faki

Ende Jahr heisst es gleich doppelt Tschüss! SP-Energieministerin Simonetta Sommaruga (62) und SVP-Finanzminister Ueli Maurer (71) übergeben ihre Büroschlüssel an ihre Nachfolger. Sie verlassen ein Gremium, das in den letzten Jahren einen zerrütteten Eindruck machte. Indiskretionen hier, Kollegialitätsbrüche dort, Rivalitäten zwischen freisinnigen Parteifreunden oder auch mal private Eskapaden. Kurz: Im Bundesrat hat es schon besser gegeigt.

Eine zwiespältige Rolle spielte Maurer, der als Amtsältester abtritt. Klar, als SVP-Vertreter hatte er im Gesamtbundesrat öfter einen schweren Stand. Besonders in jenen Jahren, als er – nachdem Eveline Widmer-Schlumpf (66) aus der Partei geworfen wurde – als einziger SVP-Magistrat im Bundesrat sass. Maurer allein gegen eine Mauer.

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Kein Wunder, gefiel er sich in der Rolle des Störenfrieds, der die Geschäfte seiner Kollegen nicht einfach abnickte. Gegen aussen trug er trotzdem vieles mit. Und vor allem merkte er, wenn es sinnlos war, auf einem harten SVP-Kurs zu beharren, wenn er von der Realität überholt wurde – wie bei der OECD-Mindestbesteuerung. Als Macher zeigte er sich bei den Corona-Notfallkrediten.

Aber eben, Maurer suchte je länger, desto lieber die Provokation. So warb er offen für die Begrenzungs-Initiative der SVP und hinterfragte ebenso publikumswirksam im Trychlerhemd die Corona-Politik des Bundesrats.

Gespräche beim Bier

Auf persönlicher Ebene konnte er es aber durchaus gut mit seinen Kollegen. Einen besonders guten Draht hatte er ausgerechnet zu SVP-Erzfeindin Sommaruga. Da wurde im Büro zusammen auch mal ein Bier getrunken.

Eine Spezialität der Berner Magistratin, wie SP-Co-Chef Céedric Wermuth (36) am Mittwoch durchblicken liess. Als die als Realo-Politikerin geltende Sommaruga frisch in den Bundesrat gewählt worden war, fand sich der damalige Juso-Präsident auch bald in deren Büro zu einem Versöhnungsbier.

Das kennzeichnet auch ihre Rolle im Gremium. Zwar machte sie sich vehement für ihre Anliegen stark, doch ebenso suchte sie frühzeitig das direkte Gespräch. Sie war verlässlich und übernahm als typische Konsenspolitikerin öfter eine Vermittlerrolle.

Frischer Wind

Dass mit dem Doppelrücktritt nun wieder frischer Wind in den Bundesrat kommt, wird in Bundesbern aber durchaus begrüsst. Hört man sich um, wünscht man sich Personen, die konstruktiv und kollegial mitarbeiten, sich für das Allgemeinwohl des Landes anstelle von Eigeninteressen einsetzen. Und vor allem Leute, die offen und ehrlich miteinander umgehen.

«Es braucht mehr gegenseitiges Vertrauen», sagt eine langjährige Beobachterin. Der Neustart berge die Chance, die Bundesratsmitglieder einander wieder näherzubringen, meint ein anderer.

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Wobei: Im Vergleich zu Zeiten, als sich mit Micheline Calmy-Rey (77, SP), Pascal Couchepin (80, FDP) und Christoph Blocher (82, SVP) drei ausgeprägte Alphatiere um den politischen Kurs der Eidgenossenschaft stritten und sich gegenseitig zuleide werkten, ist der heutige Bundesrat noch immer ein harmonisches Wohlfühlgremium.

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