Am 22. Oktober wählt die Schweiz. Listenverbindungen werden auch in diesem Jahr wieder ein grosses Thema der Wahlen. Blick erklärt, wann sie für Parteien Sinn ergeben können und wer davon profitiert.
Was sind Listenverbindungen genau?
Um ihre Chance auf zusätzliche Sitze im Nationalrat zu verbessern, gehen Parteien Listenverbindungen ein. Darunter versteht man einen Zusammenschluss von zwei oder mehr Parteilisten. In Kantonen mit mindestens zwei Nationalratssitzen können Parteien solche Allianzen schmieden.
Warum tun Parteien das?
Jede Partei möchte an Wahlen so viele Stimmen wie möglich ins eigene Lager holen. Bloss: Bei Proporzwahlen (Verhältniswahlen) wie den Nationalratswahlen ist ein Sitz an einen gewissen Prozentsatz der Stimmen gebunden.
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Welche Mathematik steht hinter Listenverbindungen?
Listenverbindungen werden als eine einzige Wahlliste betrachtet. Damit verlieren einzelne Parteien weniger Stimmen, die für keinen eigenen Sitz reichen. Sie können ihre restlichen Stimmen zusammenzählen lassen und allenfalls so gemeinsam einen zusätzlichen Sitz ergattern (Restmandate). Erst dann werden die Sitze innerhalb der einzelnen Parteilisten verteilt.
Ein Rechenbeispiel: Im Kanton X braucht es 200 Stimmen für einen Sitz im Nationalrat. Partei A hat 440 Stimmen erzielt, sie gewinnt damit 2 Sitze. Die 40 zusätzlichen Stimmen verfallen. Denn: Sie reichen nicht für einen dritten Sitz.
Geht Partei A aber mit Partei B – diese hat 380 Stimmen und damit einen Sitz gewonnen – eine Listenverbindung ein, würde das ein Total von 820 Stimmen und 4 Sitzen ergeben. Gemeinsam haben die beiden Parteien einen Sitz mehr geholt, als wenn sie einzeln angetreten wären.
Welche Partei den zusätzlichen Sitz erhält, wird schliesslich basierend auf der Anzahl Stimmen und Sitze mit einem Quotienten berechnet. Im vorliegenden Beispiel hätte Partei B von der Listenverbindung profitiert und einen zweiten Sitz gewonnen.
Wem nützt das?
Wie gross die Auswirkungen der Verbindungen sein können, zeigen die Wahlen von 2019. Profitiert von Listenverbindungen haben damals vor allem die Mitte-Parteien. Grünliberale (GLP), CVP (heute Die Mitte) und EVP konnten dank dieser Bündnisse acht zusätzliche Sitze holen. Die GLP alleine gewann fünf ihrer neun neuen Sitze dank Listenverbindungen. Vier davon musste ihr die SVP abdrücken, nämlich je einen in den Kantonen Basel-Stadt, Bern, Luzern und Zürich.
Die Volkspartei hatte das Nachsehen. Sie verlor bei den letzten eidgenössischen Wahlen wegen fehlender Allianzen im Nationalrat sieben Sitze. Drei SVP-Nationalräte mussten gar den Sitz räumen. Ein Fehler, den die Partei heuer nicht mehr machen will.
Wer geht mit wem Listenverbindungen ein?
Meistens schliessen sich bei Listenverbindungen Parteien zusammen, die sich politisch nahestehen. Also etwa SP und die Grünen. Sie tun dies für die Wahlen im Oktober in 20 Kantonen. In fünf Kantonen kommt zusätzlich die GLP dazu.
Auch die SVP hat aus den Fehlern der letzten Wahlen gelernt. Sie hat darum dieses Mal die Nähe zum Freisinn gesucht. In neun Kantonen gehen FDP und SVP Listenverbindungen ein. Welcher Partei das mehr helfen wird, ist schwierig abzuschätzen. Klar ist aber: Die bürgerlichen Parteien bilden nun ebenfalls einen Block, wie das Rot-Grün traditionell macht. Die SVP schliesst in den Kantonen Solothurn und Luzern zudem eine «Zweckehe» mit den Corona-Skeptikern von Mass-voll.
Auch die Mitte geht solche Verbindungen ein. Je nach Kanton wahlweise mit der FDP oder der GLP. Für die Wahlen vom 22. Oktober wurden insgesamt 80 Listenverbindungen abgeschlossen. 2019 waren es 81.
Wo wird der Krimi um Listenverbindungen besonders spannend?
Im Kanton Basel-Landschaft etwa. Sieben Nationalratssitze werden dort besetzt, alle Bisherigen (zwei SVP, zwei SP, je einen FDP, Mitte und Grüne) treten wieder an. Erstmals darf sich die GLP, die bei den kantonalen Wahlen im Februar stark zulegen konnte, Chancen auf einen Sitz in Bern ausrechnen.
Sollte ihr das gelingen, müsste allenfalls die Mitte und mit ihr die langjährige Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (59) ihren Sitz abgeben. Ebenfalls möglich (wenn auch eher unwahrscheinlich) ist zudem ein Sitzgewinn der GLP auf Kosten der SP. Ein Resultat, das Zunder birgt: In diesem Fall müsste wohl Samira Marti (29), seit kurzem Co-Präsidentin der SP-Bundeshausfraktion, ihren Sitz abgeben.