Grund für Notfallmassnahmen gibt es derzeit kaum, wenn der Bundesrat am Mittwoch über die nächsten Corona-Schritte entscheidet. Trotz der täglich rund 30'000 neuen Infektionen bleibt in den Spitälern noch alles im grünen Bereich. Auf den Intensivstationen liegen derzeit etwa 270 Personen. Das ist viel – aber klar unter der heiklen 300er-Schwelle.
Fazit: Insgesamt bleibt die Situation auf hohem Niveau stabil. «Wir müssen aber noch sehr vorsichtig sein», sagte Virginie Masserey vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Dienstag an der Medienkonferenz der Corona-Experten des Bundes. «Wir wissen nicht, wie sich die Lage in den nächsten Wochen entwickeln wird.»
Der Bund hat also weder Grund, in Panik zu verfallen, noch Entwarnung zu geben. Das wird sich auch auf seine Entscheide vom Mittwoch auswirken. Er hatte den Kantonen eine breite Palette mit möglichen weiteren Massnahmen zur Beurteilung vorgelegt – von Lockerungen bis hin zu weiteren Verschärfungen. Dabei zeichnet sich jedoch keine klare Stossrichtung ab.
Klar scheint einzig: Drastische Schritte sind derzeit nicht zu erwarten. Aber viele Diskussionen, wenn sich der Bundesrat um 11 Uhr zur Sitzung trifft. Das sind die entscheidenden Bereiche:
Verlängerung: Wichtigster Diskussionspunkt im Bundesrat ist die Verlängerung der aktuell geltenden Massnahmen wie etwa die 2G-Regelung oder die Homeoffice-Pflicht. SP-Gesundheitsminister Alain Berset (49) möchte diese bis Ende März beibehalten – immer mit der Option, die Massnahmen wenn möglich auch früher zu beenden. Zahlreiche Kantone möchten diese Massnahmen aber auf Ende Februar befristen – was in den bürgerlichen Departementen auf Sympathie stösst. Gerade bei den SVP-Bundesräten Ueli Maurer (71) und Guy Parmelin (62). Dem Vernehmen nach hat eine kürzere Frist durchaus Chancen. Ein Streitpunkt ist auch die Homeoffice-Pflicht. Parmelins Wirtschaftsdepartement möchte diese in eine Empfehlung abgemildert wissen, heisst es in Bundesbern. Im Bundesrat werden noch einige Diskussionen erwartet.
Quarantäne: Letzte Woche hat der Bundesrat die Dauer für Quarantäne und Isolation auf fünf Tage halbiert. Angesichts der hohen Fallzahlen – mit einer noch höheren Dunkelziffer – stellt sich die Frage, ob bei der Quarantäne tatsächlich auf mehr Selbstverantwortung gesetzt werden soll. Zwei Drittel der Kantone haben sich nämlich für einen Wechsel zur Selbstquarantäne ohne behördliche Anordnung ausgesprochen. Denn die Testkapazitäten und das Contact Tracing sind derzeit wegen der hohen Fallzahlen «stark limitiert», wie der oberste Kantonsarzt Rudolf Hauri am Dienstag vor den Medien sagte. Noch aber scheinen sich die Entscheidungsträger vor einem solchen Schritt zu scheuen. Die Frage sei sehr umstritten, heisst es in Bern. Für einen Systemwechsel ist es wohl noch zu früh, meinen Beobachter. Ganz ausgeschlossen wird er aber nicht.
Verschärfungen: Von Verschärfungen dürfte der Bundesrat vorerst absehen – auch wenn er in der Konsultation etwa eine Maskenpflicht ab 8 Jahren, ein Konsumationsverbot im öffentlichen Nahverkehr oder Fernunterricht an den Hochschulen ins Spiel gebracht hat. «Kein Bedarf», so der Tenor seitens der Kantone. Und auch die Fallzahlen lassen derzeit keinen Handlungsbedarf erkennen.
Zertifikats-Gültigkeit: Unbestritten ist die Verkürzung der Zertifkats-Gültigkeit für Geimpfte und Genesene von 365 auf 270 Tage. Damit gleicht die Schweiz die Gültigkeitsdauer der Zertifikate den EU-Regeln an. Und für die meisten ist entscheidend, dass das Schweizer Zertifikat von unseren Nachbarn weiterhin akzeptiert wird.
Bundesrat tagt doch
Obwohl am Mittwoch kaum weitreichende Entscheide gefällt werden, trifft sich der Bundesrat nun doch zu einer Sitzung. Ursprünglich hätte diese wegen des mittlerweile abgesagten Weltwirtschaftsforums WEF in Davos ausfallen sollen, doch am Dienstagabend twitterte Bundesratssprecher André Simonazzi, dass die Landesregierung nun doch eine Sitzung abhält.