Mehrfach hat die Corona-Pandemie bereits eine unerwartete Wende genommen – meist im negativen Sinne. Nun sieht es ganz so aus, als gäbe es für einmal eine positive Überraschung. Gut 29'000 neue Corona-Fälle hat der Bund am Dienstag registriert. Das ist mehr als noch vor einer Woche – aber längst nicht so viel mehr, wie befürchtet worden ist.
Virginie Masserey vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) stimmt das zuversichtlich. «Vernünftigerweise kann man leicht optimistisch sein», sagte die Leiterin der Sektion Infektionskontrolle am Dienstag an der wöchentlichen Corona-Medienkonferenz von Bund und Kantonen. Es sei möglich, dass die Schweiz den Höchstand der Fallzahlen erreicht habe und die Kurve nun wieder sinke.
Horrorszenario scheint nicht einzutreten
Das Horrorszenario der wissenschaftlichen Taskforce scheint sich nicht zu bewahrheiten. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hatten vergangene Woche vor einer Monsterwelle gewarnt. Ende Januar könnte Omikron innerhalb einer Woche bis zu 30 Prozent der Bevölkerung erwischen – und zu einer Ausnahmesituation an den Spitälern führen, zeigten Berechnungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Hat sich die Taskforce also geirrt? Der Bund ist wie immer sehr vorsichtig mit Prognosen – man will sich nicht zu früh freuen. Masserey sagte, man könne annehmen, dass sich die Modellierungen nicht bewahrheitet hätten. Doch es sei weiterhin viel Vorsicht angezeigt. «Wir wissen nicht, wie sich die Lage in den nächsten Wochen entwickeln wird.» Die BAG-Expertin hält es für möglich, dass zwar die offiziellen Fallzahlen nicht steigen, derweil aber die Dunkelziffer immer grösser wird.
«Intensivstation fast vollständig geleert»
Keine Dunkelziffer kann es derweil bei der Zahl der Spitaleinweisungen geben. Diese ist in den letzten Tagen gesunken. Auch auf den Intensivstationen. Der Zuger Kantonsarzt Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte, gab offen zu, dass man von der Entwicklung überrascht ist. Man habe mit etwas anderem gerechnet: «Eigentlich hätten wir erwartet, dass die Hospitalisierungszahlen zunehmen würden bei diesen hohen Fallzahlen.»
«Die Intensivstation hat sich bei uns fast vollständig geleert von Covid-Patienten», sagte er in Bezug auf die Situation im Kanton Zug. Ein einziges Intensivbett ist im Kanton derzeit von einem Covid-Patienten belegt. Ausserdem gehe man davon aus, dass es sich bei allen Covid-Patienten, die derzeit im Spital behandelt werden, um Delta-Fälle handelt. Die Omikron-Welle scheint also weiterhin nicht auf die Spitäler übergeschwappt zu sein.
Grosse Unterschiede zwischen Regionen
Allerdings ist die Situation nicht in allen Regionen so entspannt wie im Kanton Zug. Virginie Masserey machte darauf aufmerksam, dass es sehr grosse regionale Unterschiede gibt. Besonders hoch sind die Fallzahlen derzeit in der Westschweiz und im Tessin. Auch die Zahl der Spitaleinweisungen hat in der Romandie zugenommen.
Angesichts dessen werben Bund und Kantone weiterhin für die Booster-Impfung. Gut ein Drittel derjenigen, die für den Booster zugelassen wären, haben sich noch nicht ein drittes Mal impfen lassen. Um sie zu erreichen, plant der Bund nun eine neue Werbekampagne.