Wer keine Kinder hat, soll weniger Rente erhalten. Und je mehr Kinder jemand grosszieht, desto höher soll die Pension im Alter ausfallen, fordern Wirtschaftswissenschaftler. Denn: Wer Kinder aufzieht, leistet auf eigene Kosten einen Beitrag für die Allgemeinheit. Schliesslich sind die Kinder von heute die AHV-Beitragszahler von morgen.
Und die, die keine Kinder haben können?
Eine kinderabhängige Rente, wie von Ökonomen laut der «NZZ am Sonntag» vorschlagen, scheint für ungewollt kinderlose Paare wenig gerecht. Man kann sich fragen: Sollen Frauen und Männer, deren Kinderwunsch unerfüllt blieb, auch noch mit einer tieferen Rente bestraft werden?
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Dem kann man entgegenhalten: Kinderlose müssen auch die Kosten nicht tragen, die der Nachwuchs verursacht. Laut Zahlen des Kantons Zürich kostet ein Kind im Monat 1000 bis 1600 Franken. Wer kinderlos ist – ob geplant oder ungewollt – könnte den Betrag Monat für Monat anlegen. Er oder sie hätte damit fürs Alter sparen können, statt sich die AHV von den Kindern anderer bezahlen zu lassen.
Tatsächlich sind die Lohneinbussen, die Eltern schultern müssen, immens: Wenn Mutter oder Vater oder beide Elternteile das Arbeitspensum reduzieren und sich damit Karrierechancen verbauen, haben sie übers gesamte Erwerbsleben einiges weniger verdient.
Eine Million Verlust
Ein durchschnittliches Paar mit zwei Kindern sei bei Erreichen des Rentenalters unter Berücksichtigung von Vergünstigungen und Zuschlägen «um gut eine Million Franken» schlechter gestellt als ein vergleichbares Paar ohne Kinder, erklärt Veronica Weisser, UBS-Ökonomin und eine der namhaftesten Vorsorgeexpertinnen der Schweiz, wie die «NZZ am Sonntag» schreibt.
Doch es geht nicht bloss um einen gerechteren Ausgleich zwischen Personen mit Kindersegen und solchen ohne Nachwuchs. Die abnehmende Zahl an Kindern stellt für unser Rentensystem auch eine schwierige finanzielle Herausforderung dar: Inzwischen bekommt jede vierte Frau keine Kinder mehr.
Nicht nur AHV betroffen
Laut dem Bundesamt für Statistik ist in der Schweiz die durchschnittliche Zahl Kinder pro Frau 2022 auf 1,39 gesunken. Verharrt die Geburtenrate auf einem solch tiefen Niveau, führe das zu einer «deutlichen Verschärfung der Finanzierungsengpässe in unserem Sozialsystem», sagt Weisser.
Und sie weist darauf hin, dass die geringe Zahl an Geburten nicht nur Probleme für die AHV mit sich bringt, auch die Krankenkassen und die Pflege stehen vor grossen Herausforderungen, wenn immer mehr tendenziell kränkere Seniorinnen und Senioren einer schwindenden Zahl Junger entgegensteht.
Politiker skeptisch
Dennoch gibt Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (45) zu bedenken: «Ich sehe diesen Vorschlag eher skeptisch, auch wenn er auf den ersten Blick verlockend tönt.» Aus seiner Sicht müssten zuerst alle Ungerechtigkeiten bei der AHV beseitigt werden, «bevor neue Differenzierungen aufgrund des Zivilstands oder der Lebensverhältnisse eingeführt werden», betont der Nationalrat.
Und der FDP-Vize und Nationalrat Andri Silberschmidt (29) sagt, er fände den Vorschlag fraglich: «Erstens sollte der Staat den Menschen weder mit Anreizen, noch mit Hindernissen in die Kinderplanung hineinreden. Und zweitens muss die AHV für alle existenzsichernd bleiben.» Drittens sei er aber natürlich dafür, dass Familien bei den Kosten entlastet werden. «Eine Verknüpfung mit der AHV ist aber der falsche Weg.» (pt)