Grosse Worte gehören bei der Uno zum Alltag. Die Wahlen für ihr einflussreichstes Gremium, den Sicherheitsrat, liefen am Donnerstag in New York trotzdem nüchtern ab. Keine zehn Minuten nachdem die Schweiz mit einem Glanzresultat von 187 Stimmen gewählt war, wurden die Diplomaten fürs Händeschütteln aus dem Saal geschickt. Schliesslich habe man viel Arbeit und wenig Zeit.
Gemeinsam mit Malta, Ecuador, Japan und Mosambik ist die Schweiz nun in den nächsten zwei Jahren neu Mitglied im Uno-Sicherheitsrat. Viel Arbeit kommt damit auf die Schweizer Vertreterin in New York zu, die Spitzendiplomatin Pascale Baeriswyl (54).
Erste Frau als EDA-Staatssekretärin
Baeriswyl ist in Bern keine Unbekannte. Von 2016 bis 2019 war sie Staatssekretärin des Aussendepartements (EDA) und damit unter anderem verantwortlich für das damals wie heute heikle Europa-Dossier. Es war noch der Vorgänger von Ignazio Cassis (61), der damalige Aussenminister Didier Burkhalter (62), der Baeriswyl ins Amt holte. Die Juristin ist schon seit 2000 auf verschiedenen Posten im EDA tätig, darunter auch in Hanoi und Brüssel.
Für den FDP-Mann Burkhalter war sie eine überraschende Wahl, aber auch ein Coup: Baeriswyl war die erste Frau auf diesem Posten überhaupt. Bei manchen bürgerlichen Politikern löste Baeriswyls Ernennung aber Schnappatmung aus: nicht wegen ihres Geschlechts, sondern weil sie Sozialdemokratin ist. In früheren Jahren sass sie gar im Vorstand der Basler SP.
Lieber New York als Basel
Ausgerechnet eine Frau aus der Euroturbo-Partei sollte mit Brüssel verhandeln? So weit kam es letztlich aber nur kurz. Mit Cassis' Antritt 2017 hatte Baeriswyl in der Europapolitik immer weniger zu melden, stattdessen übernahm weitgehend Roberto Balzaretti (57) das Dossier, Baeriswyl wurde ein Stück weit kaltgestellt.
Eine hoffnungsvolle SP umwarb die Staatssekretärin in der Folge noch als Kandidatin für die Regierungsratswahlen. Diese wechselte aber nicht ans Rheinknie, sondern 2020 an den Hudson, als Botschafterin bei der Schweizer Uno-Mission in New York. Dass sie und Cassis in der Aussenpolitik das Heu nicht immer auf der gleichen Bühne gehabt haben, war nie ein Geheimnis. Böse Zungen behaupteten denn auch schnell, sie wurde wegbefördert, weil sie ihrem Chef zu links gewesen sei.
Prestigeträchtiges Amt
Gerüchte, die Baeriswyl aber immer vom Tisch wischte – sie habe den Posten selbst gewünscht. «Also, wenn ich nach New York abgeschoben werden sollte, fände ich das eine schöne Strafe», scherzte sie beim Blick-Interview. Dafür spricht auch, dass der Sicherheitsrat schon damals winkte, ist doch der Termin für die Schweizer Kandidatur seit über einem Jahrzehnt bekannt.
Für Baeriswyl ist es die vorläufige Krönung einer steilen Karriere. Der Uno-Sicherheitsrat ist das mächtigste politische Gremium der Welt. Was er beschliesst, ist bindend für alle 193 Uno-Staaten. Obwohl der Rat wegen des Vetos der Supermächte faktisch mit einiger Regelmässigkeit handlungsunfähig ist, sitzt die Schweiz zum allerersten Mal zuvorderst mit am Tisch statt am Rand auf den Beobachter-Plätzen. Es wird nun Baeriswyls Job sein, das Beste daraus zu machen.