Nach Shitstorm
PR-Büro stoppt Blackout-Kampagne

Die Bürgerlichen sollten in der Debatte um die Stromlücke die Führung übernehmen. Das war das Ziel der Agentur Furrerhugi – nun wird die Kampagne auf Eis gelegt.
Publiziert: 20.02.2022 um 11:54 Uhr
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Der Schweiz droht eine Stromlücke, wie ein Bericht der Stromaufsicht Elcom im Oktober 2021 aufzeigte.
Foto: Keystone
Camilla Alabor

Der Bericht hatte Bundesbern aufgescheucht. Bereits in drei Jahren droht der Schweiz eine Stromlücke: Im ungünstigsten Fall müsste das Land zwei Tage lang ohne Strom auskommen. Zu diesem Schluss kam die Stromaufsicht Elcom im Oktober 2021 – und hievte das Thema Versorgungssicherheit damit aufs Mal ins Zentrum der politischen Debatte.

Das PR-Büro Furrerhugi sah darin eine Chance. Die Lobbying-Bude, die der FDP nahesteht, wollte die Debatte um die Klima- und Energiepolitik nicht länger der Linken überlassen. Bisher werde der Naturschutz in der öffentlichen Debatte höher gewichtet als die Versorgungssicherheit, heisst es in einem Papier von Furrerhugi, das SonntagsBlick vorliegt. Das wollte man ändern.

Also nahm das Büro Kontakt mit bürgerlichen Politikern auf, im Januar 2022 trommelte es Vertreter der Energiebranche zusammen. Das Ziel des Treffens: Einfluss nehmen auf die Beratungen zum Stromgesetz, das die Umweltkommission des Ständerats derzeit berät – und den Naturschutz abschwächen, um den Ausbau erneuerbarer Energien zu ermöglichen.

Seither ist der Agentur die Kontrolle über das Geschehen entglitten. Vor zwei Wochen berichteten erst der «Tages-Anzeiger» und dann die «NZZ am Sonntag» über das diskrete Treffen und den Versuch der bürgerlichen Allianz, den Umweltschutz aufzuweichen. Am Donnerstag legte die «Republik» nach und beschrieb, wie die Agentur mit einer geplanten Kampagne die öffentliche Meinung beeinflussen – und Geld verdienen – will. Auch der WWF schaltete sich mit einer Umfrage ein, wonach die Bevölkerung den Naturschutz höher gewichte als den Bau neuer Wasserkraftwerke.

Empörte Mails

Nun hat man bei Furrerhugi die Notbremse gezogen. Das zeigt ein E-Mail, das SonntagsBlick vorliegt. Alle weiteren Treffen werden darin abgesagt, die mit Vertretern der Energiebranche und Parlamentariern geplant waren. «Wir bedauern sehr, dass irgendwo direkt oder indirekt in dieser Runde ein bösartiges Leck ist», heisst es. Offenbar wurden insbesondere bürgerliche Ständeräte mit empörten Mails eingedeckt.

Allerdings hat die Öffentlichkeit dem Projekt nicht geschadet, wie es in dem E-Mail weiter heisst, «im Gegenteil». Die Berichterstattung habe «fast ein Dutzend Reaktionen» von Firmen und Verbänden ausgelöst, die sich an der Allianz beteiligen möchten.

Die vorläufige Sistierung der Kampagne ändert denn auch nichts daran, dass die Debatte längst ihren Lauf genommen hat: Bürgerliche Ständeräte dürften an ihren Anträgen festhalten, wonach der absolute Schutz von Biotopen von nationaler Bedeutung – dazu zählen etwa die Rheinschlucht oder das Maderanertal – aufzuheben ist.

Ringt sich das Parlament nicht zu einem Kompromiss durch, ist das Referendum der Umweltverbände allerdings so gut wie sicher. Sollte es dazu kommen und das Stimmvolk das Gesetz ablehnen, stünde das Parlament vor einem klimapolitischen Scherbenhaufen. Erneut.

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