Auf einen Blick
- Greta Gysin kritisiert Leaks aus Kommissionssitzungen
- Ein vertraulicher Brief an Asylminister Beat Jans landete in den Medien
- Gysin schliesst eine Strafanzeige gegen die Leaker nicht aus
- Der Brief wurde einstimmig bei einer Enthaltung angenommen
- Jans akzeptiert den Wunsch nach mehr Transparenz und Information
Die Tessiner Grünen-Nationalrätin Greta Gysin (41) ist aufgebracht. Als Präsidentin der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats muss sie bereits das dritte Mal in einem Monat mitansehen, dass vertrauliche Elemente aus den Kommissionssitzungen in der Presse auftauchen.
Zuletzt: ein Brief der Kommission an Asylminister Beat Jans. Darin wird der Asyl-Bundesrat aufgefordert, häufiger an Sitzungen der Kommission teilzunehmen und mehr Transparenz zu zeigen. Der Brief wurde von der Kommission einstimmig bei einer Enthaltung angenommen. Doch das Schreiben, das vertraulich bleiben sollte, landete in den Medien.
Gysin will Kollegen ermahnen
Am Donnerstag werden die Mitglieder der Kommission erstmals seit der «Affäre» wieder zusammenkommen. Gysin wird ihre Kollegen an die Bedeutung des Kommissionsgeheimnisses erinnern. «Ich schliesse auch eine Strafanzeige nicht aus», sagt sie zu «Tribune de Genève». Auch wenn sie wisse, dass dies oftmals nichts bringe.
Initiatorin des Briefes an Jans war die Aargauer SVP-Nationalrätin Martina Bircher (40). Der SP-Asylminister ist der SVP seit Monaten ein Dorn im Auge. Der Vorwurf: das «Chaos» im Asylwesen sei seine Schuld. In den Medien wurde das Schreiben daher rasch als Angriff der SVP gewertet.
Wurden die Linken hereingelegt?
Doch wie auch Blick berichtete, kritisierten Parlamentarierinnen und Parlamentarier bereits zuvor, von Jans keinen Zugang zu wichtigen Informationen zu erhalten. Und nicht nur Bürgerliche, sondern auch alle linken Kommissionsmitglieder unterzeichneten anschliessend den Brief. Das zeigt: Selbst die SP steht ihrem Bundesrat kritisch gegenüber.
Alles nur ein cleverer Schachzug der SVP? Der Waadtländer SP-Nationalrat Jean Tschopp (42), Mitglied der Staatspolitischen Kommission, hält dem entgegen: «Die Intervention war konstruktiv gemeint. Natürlich unterstütze ich diese Idee, dass ein Bundesrat so oft wie nötig an Kommissionssitzungen teilnimmt. Was hätte man gesagt, wenn die Sozialdemokraten einen Text abgelehnt hätten, der den Parlamentariern Zugang zu den gewünschten Informationen gewährt?»
Tschopp erinnert daran, dass dieser Brief nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei. Die Arbeit seines Bundesrats unterstütze er selbstverständlich. «Wir haben es bei den letzten beiden Sondersessionen zum Thema Asyl gesehen, dass Beat Jans nicht kneift und sich zur Verfügung stellt», sagt Tschopp.
Inhalt des Briefes wurde nach Diskussion angepasst
Doch Greta Gysin räumt ein, dass die SVP möglicherweise dennoch versucht habe, aus dem Brief einen weiteren Angriff auf Jans zu machen. «Das war nie unsere Absicht. Ich bedaure auch, dass falsche Dinge berichtet wurden», sagt Gysin. Wie etwa, dass die Kommission den Brief von Bircher diskussionslos unterschrieben habe. «Der Inhalt wurde aufgrund der Debatten in der Sitzung angepasst.»
Jans selbst äusserte sich bereits vor zwei Wochen am Rande einer Pressekonferenz des Bundesrats zum Brief. Er zeigte sich alles andere als nervös: «Ich fand den Brief völlig korrekt. Und nicht kritisch, wie ich es gelesen habe. Es gibt einen Wunsch der Kommission, mich öfter zu sehen und mehr Informationen zu erhalten. Und das akzeptiere ich gerne», sagte Jans. Er bestritt jedoch ausdrücklich, dass er Informationen zurückhalten wollte.