Auf einen Blick
- Vincenzo Mascioli wird neuer Staatssekretär für Migration
- Bürgerliche fordern von ihm härtere Asylpolitik und mehr Rückführungen
- Linke betonen die Wichtigkeit der humanitären Tradition und des Völkerrechts
Nun ist klar, wer sich den vielleicht schwierigsten Job in Bundesbern antut: Vincenzo Mascioli (54) wird ab Januar 2025 neuer Staatssekretär für Migration (SEM) und damit Asylchef. Das verkündete Migrationsminister Beat Jans (60, SP). Der Bundesrat setzt damit auf einen sicheren Wert für die Herkulesaufgabe.
Mascioli, der sich in seiner Laufbahn oft an den richtigen Stellen wiederfand, krönt damit seine Karriere in der Bundesverwaltung. Der ausgebildete Sekundarlehrer für Deutsch, Geschichte und Französisch übernimmt eines der politisch heissesten Eisen. Nach seinem Studium in Zürich begann er als Lektor in der Welt der Bücher – ein Job, der eher stiller Natur ist und wenig mit den turbulenten Diskussionen zu tun hat, die ihn heute im SEM umgeben.
«Löst Aufgaben, an denen sich andere Zähne ausbeissen»
Der Weg in der Bundesverwaltung, Mascioli fing 2005 dort an, führte über verschiedene Funktionen und seine Fähigkeit, mit anspruchsvollen Persönlichkeiten umzugehen. Moritz Leuenberger (78), der feinsinnige SP-Bundesrat, holte ihn als Redenschreiber in seinen Stab. Nach Leuenbergers Rücktritt erbte ihn dessen Parteikollegin Simonetta Sommaruga (64), die Mascioli als persönlichen Mitarbeiter in ihr Justiz- und Polizeidepartement mitnahm.
Der grösste Karrieresprung kam 2017, als Sommaruga ihn zum SEM-Vizedirektor mit dem Rang eines Botschafters befördert hatte. Doch nicht alle waren damals begeistert. Mascioli, so hiess es, habe keine Führungserfahrung und sei nur durch politische Protektion in diese Position gehoben worden. Trotz des anfänglichen Misstrauens ist er mittlerweile seit sieben Jahren im Amt und hat sich in der Rolle des Migrationsverhandlers in der internationalen Zusammenarbeit etabliert.
Jans lobte ihn dann auch über den grünen Klee: «Er löst Aufgaben, an denen sich andere die Zähne ausbeissen. Etwa die Ausschaffung von kriminellen Afghanen. Und er konnte die Zusammenarbeit mit nordafrikanischen Staaten erheblich verbessern, was sich auf die Rückführungsquoten ausgewirkt hat.»
Bürgerliche erwarten mehr Härte, Linke Einhaltung des Völkerrechts
Klar ist aber auch: Egal was Mascioli tut, er wird es dem Parlament nicht recht machen können. Die Bürgerlichen erwarten im Asylwesen mehr Härte, die Linke genau das Gegenteil.
SVP-Asylchef Pascal Schmid (48) wird deutlich: «Unsere Wunschbesetzung ist er sicher nicht. Ich hätte jemanden von aussen bevorzugt, nicht unbedingt aus dem linken Lager.» Das Asyldossier sei voller Probleme – zu hohe Kosten, zu viele Gesuche, viel zu viele Kriminelle. Das Asylrecht werde nicht konsequent durchgesetzt. «Das ist definitiv nicht im Interesse unserer Bevölkerung. Hier braucht es eine grundlegende Kurskorrektur im SEM. Das geht nur mit jemandem, der hart durchgreift.»
Auch FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (43) erwartet mehr Härte: «Abgewiesene Asylbewerber müssen wirklich das Land verlassen», nennt er ein Beispiel. Auch bei Drittstaatenlösungen seien Jans und sein SEM bisher zu wenig lösungsorientiert. In Parlament und Bevölkerung aber sei die Haltung klar: Die Schraube im Asylwesen müsse angezogen werden – so wie in den umliegenden Ländern. «Die Schweiz darf keine Asyl-Insel werden. Ich erwarte, dass die Rückführungen weiter vorangetrieben werden.»
Für die SP ist die Wahl Masciolis ein zweischneidiges Schwert, sagt Nationalrätin Céline Widmer (46). Er bringe viel Erfahrung mit, was in einem solch herausfordernden Bereich wichtig sei. Aber: «Gleichzeitig ist er dafür verantwortlich, dass die Schweiz eine rigorose Rückführungs- und Ausschaffungspolitik fährt.» Die SP erwarte, dass Mascioli als SEM-Chef auch die humanitäre Tradition der Schweiz und das Völkerrecht berücksichtige.