Auf einen Blick
- Knatsch zwischen Kantonen und Bund wegen Asylfinanzierung
- Kantonale Sozialdirektoren sistieren Mitarbeit an neuer Asylstrategie
- Der Widerstand entwickelt sich zur Grundsatzfrage
Die Kantone sind auf Konfrontationskurs mit dem Bund. Grund: Das Sparprogramm des Bundesrats trifft auch sie – zum Beispiel im Asylwesen. Konkret geht es um die sogenannte Globalpauschale, die der Bund pro Flüchtling an die Kantone zahlt. Damit sollen etwa die Sozialhilfekosten vergütet werden. Das kürzlich vorgestellte Sparpaket sieht vor, dass der Bund diese Pauschalen nur noch vier Jahre lang zahlt, statt bisher bei Flüchtlingen während fünf Jahren und bei vorläufig Aufgenommenen während sieben Jahren.
Bei den Kantonen kommt das gar nicht gut an. Die kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren (SODK) haben sich entschieden, aus Protest ihre Mitarbeit an der neuen Asylstrategie bis auf Weiteres zu sistieren, wie der «Tages-Anzeiger» berichtete.
Es ist nicht nur das geplante Sparpaket, das in den Kantonen für böses Blut sorgt. Schon vorher hat der Bund eine Reform der Asyl-Pauschalen aufgegleist. Viele Kantone wehren sich dagegen, wie die Antworten der Regierungsräte im Rahmen der Vernehmlassung zeigen.
Bund will weniger lang zahlen
Darum geht es: Asylminister Beat Jans (60) will, dass bei einem Wechsel des Aufenthaltsstatus die Frist für die Pauschalen nicht mehr von Neuem zu laufen beginnt. Wenn beispielsweise eine vorläufig aufgenommene Person nach drei Jahren den Flüchtlingsstatus erhält, soll der Bund nur noch während zwei Jahren zahlen. Und nicht weitere fünf Jahre. Damit will der Bund sparen.
Das allerdings bedeutet mehr Kosten, die an den Kantonen hängen bleiben. Die SODK hat berechnet, dass die Kantone mit der Anpassung im Zeitraum von 2008 bis Juli dieses Jahres 61 Millionen Franken weniger erhalten hätten.
82 Millionen Franken weniger
Der Kanton Thurgau wird noch deutlicher: Die Änderung sei «nicht gerechtfertigt» und solle einzig dazu dienen, mit einer «vermeintlich technischen Änderung» Kosten auf die Kantone zu überwälzen, schreibt er in der Antwort zur Vorlage. Der Bund würde es unterlassen, im erläuternden Bericht die finanziellen Auswirkungen auf die Kantone aufzuzeigen, kritisiert der Kanton Aargau.
Auch der Kanton Wallis zeigt sich irritiert: Gerade erst Anfang 2023 sei ein neues Finanzierungssystem für den Schutzstatus S in Kraft getreten. Ziel wäre eigentlich gewesen, dass das keine Kostenverlagerung von Bund auf Kantone zur Folge hat. Das sei aber nicht der Fall gewesen. Eine Auswertung habe gezeigt, dass die Kantone für Personen mit dem Schutzstatus S 82 Millionen Franken weniger erhalten haben, als das mit dem alten System der Fall gewesen wäre.
Mehr zum Asylwesen
Das kritisiert auch die SODK. Man habe sich deswegen im August schon schriftlich an Bundesrat Jans gewendet. Die Kantone wollen nicht akzeptieren, nun schon wieder zur Kasse gebeten zu werden. Das eben auch im Hinblick auf die Sparpläne des Bundes. «Das Thema ist für die Kantone momentan virulent», so Bischof: Erst die Einbussen wegen der neuen Finanzierung des Schutzstatus S, dann der Sparhammer, und jetzt noch eine weitere Änderung der Pauschalen, die Mindereinnahmen für die Kantone zur Folge hätte.
Es geht ums Prinzip
Nicht alle Kantone schliessen sich dieser Meinung an. Der Kanton Basel-Stadt etwa merkt an, dass die finanziellen Einbussen der Pauschalen-Revision gering wären. Die von der SODK berechneten 61 Millionen Franken würden lediglich 0.5 Prozent der gesamten jährlichen Pauschalen betragen, die die Kantone erhalten.
Jris Bischof, Fachbereichsleiterin Migration bei der Sozialdirektoren-Konferenz, räumt auf Anfrage ein, dass die finanziellen Folgen der Reform überschaubar wären. Doch man wolle ganz grundsätzlich keine «einseitigen Lastenverschiebungen auf Kosten der Kantone».
Der Knatsch um die Pauschalen zeigt, wie verhärtet die Fronten zwischen Bund und Kantone in Fragen der Asylfinanzierung sind. Es mag zwar nicht um viel Geld gehen. Für die Kantone aber gehts ums Prinzip.