Selten gab es ein höheres Ja zu einer Wirtschaftsreform: Die Schweizerinnen und Schweizer sagen mit 78,5 Prozent Ja zur OECD-Mindeststeuer. Voraussichtlich ab 2024 müssen international tätige Konzerne ab einem Jahresumsatz von 750 Millionen Euro mindestens 15 Prozent Steuern auf ihren Gewinn zahlen.
75 Prozent der Zusatzeinnahmen bleiben in den Kantonen, der Rest geht an den Bund. Diese Verteilung war der umstrittene Punkt. Und das Ringen um die Milliarden ist auch nach Sonntag nicht vorbei.
Das Gesetz kommt wohl 2026
Denn aus Zeitgründen hat der Bundesrat die Mindestbesteuerung erstens nicht in einem Gesetz geregelt, sondern in einer allgemein gehaltenen Verfassungsänderung und in einer Verordnung. Das Gesetz kommt erst noch – gemäss Finanzministerin Karin Keller-Sutter (59) nach 2026. «Wir wissen dann besser, wie viele zusätzliche Steuereinnahmen wirklich generiert werden können.»
Dann werden auch die Verteilkämpfe wieder von vorn losgehen. SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (37) kündigte auf Blick TV erstens an, dass seine Partei dann erneut einen höheren Bundesanteil fordern werde, «damit das Geld nicht bei den reichen Konzernen bleibt, sondern unten ankommt.»
Subventionen für höhere Steuern
Zweitens wird die Linke mit Argusaugen beobachten, wie die Kantone – insbesondere Basel und Zug, die heute als grosse Profiteure der Reform gelten – die zusätzlichen Einnahmen verwenden. Erwartet wird, dass sie in die Subventionskiste greifen und jene Konzerne, die mehr Steuern zahlen müssen, gezielt fördern.
Economiesuisse fordert, dass Bund und Kantone die zusätzlichen Mittel in die Stärkung neuer Standortfaktoren investieren. Dazu gehören für den Wirtschaftsdachverband nicht nur Kitaplätze und gute Zugverbindungen, sondern auch Subventionen dafür, dass ein Unternehmen seine Heizung auf klimafreundlich umstellt. Die Möglichkeiten sind gross. Es wäre auch ein Zustupf für Spezialistenlöhne und bei den Rentenbeiträgen möglich. So würden die Firmen gar bei den Lohnzahlungen und den Arbeitnehmerbeiträgen für die Pensionskasse entlastet.
Wermuth fürchtet daher, dass die neuen Steuererträge einfach wieder bei den Konzernen landen. Für FDP-Präsident Thierry Burkart (47) wäre das kein Problem, denn diese würden Arbeitsplätze schaffen. Das käme ja der Bevölkerung zugute.