Multinationale Unternehmen in der Schweiz sollen mehr Steuern bezahlen, so fordern es Bundesrat und Parlament. Der Grund: Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat sich auf eine Mindeststeuer geeinigt und die Schweiz muss mitziehen – sonst dürfen ausländische Staaten von Unternehmen mit Sitz in der Schweiz Teile der Steuern einziehen.
Widerstand kommt von Links: SP, Grüne und der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) kritisieren zwar nicht die höheren Steuern – dafür aber die Verteilung der neuen Steuereinnahmen. Fürs Erste sollen die daraus resultierenden Erträge zu 75 Prozent den Kantonen und zu 25 Prozent dem Bund zukommen. Am 18. Juni stimmen wir in der Schweiz darüber ab.
Keller-Sutter gegen Badran
Am Freitagabend kreuzen Finanzministerin Karin Keller-Sutter (59) und SP-Nationalrätin Jacqueline Badran (61) in der SRF-Politsendung «Arena» zum Thema die Klingen.
Dass die Genossen Badran ins Rennen schicken, verwundert. Denn: Die Zürcherin hat noch an der Delegiertenversammlung im vergangenen Februar in einer feurigen Rede die Vorteile der Vorlage gepriesen. Sie verlangte deshalb Stimmfreigabe.
Und sie meinte wörtlich: «Egal, was wir für eine Parole beschliessen: Ich kann nicht guten Gewissens in die Arena gehen und vehement für ein Nein einstehen.»
Jungfreisinn findet Badrans Auftritt «heuchlerisch»
Beim politischen Gegner fällt zu Badrans Auftritt in der «Arena» ein deutliches Wort: «heuchlerisch». Matthias Müller (30), Präsident der Jungfreisinnigen, sagt: «Frau Badran hat gesagt, sie könne nicht mit einem guten Gewissen für ein Nein einstehen, unter anderem weil es gute Gründe für die OECD-Vorlage gebe. Nun tut sie es doch und spielt sich damit als Kronzeugin gegen Bundesrätin Keller-Sutter auf.»
Alles, was sie daher in der Sendung sage, sei nichtig, nicht ehrlich und unredlich. «Der SP geht es einmal mehr nur um billige Polemik. Sie entlarvt sich als Mogelpackung», findet Müller.
Ein Argument, das Badran nicht gelten lässt. Sie sagt, sie habe an der Delegiertenversammlung die Ambivalenz aufzeigen wollen zwischen der Steuerharmonisierung, für die sie jahrzehntelang gekämpft habe, und der gleichzeitig misslichen Verteilung des Geldes unter den Kantonen sowie der fehlenden Zweckbindung zugunsten der «normalen Leute».
«Je mehr ich darüber nachgedacht habe, desto dringender wurde das Nein»
Sie sei damals noch davon ausgegangen, dass die Verteilung zwischen den Kantonen dann auf Gesetzesstufe noch angepasst werden könnte. «Das war nicht zu Ende gedacht. Denn: Wenn wir Ja stimmen, dann wird das Parlament sagen, die Bevölkerung habe dem Verteilschlüssel zugestimmt und eine Änderung sei nicht mehr möglich.» Der Nationalrat wollte ursprünglich eine 50:50-Aufteilung aus Einnahmen der OECD-Steuer.
Badran sagt darum, je länger sie darüber nachgedacht habe, desto dringender sei das Nein geworden. «Ich bin also vollkommen im Reinen mit mir.» (oco)