Nach Debakel um erpressbaren Spitzenbeamten
GPK will Amherd auf die Finger schauen

Niemand beim Bund hat gemerkt, dass Botschafter Jean-Daniel Ruch ein Sicherheitsrisiko darstellen könnte. Nun soll die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats prüfen, was falsch gelaufen ist. Denn gerade im Verteidigungsdepartement ist das nicht der erste Fall.
Publiziert: 07.11.2023 um 17:16 Uhr
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Aktualisiert: 07.11.2023 um 21:10 Uhr
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Der designierte Staatssekretär Jean-Daniel Ruch tritt sein Amt als Sicherheitschef im Verteidigungsdepartement nicht an.
Foto: Keystone
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Das wirft kein gutes Licht auf die Sicherheitsmechanismen beim Bund. Ausgerechnet der neue Sicherheitsstaatssekretär wäre selbst ein Sicherheitsrisiko gewesen. Darum tritt Jean-Daniel Ruch (60) das Amt nun nicht an. Es ist ein herber Rückschlag für Verteidigungsministerin Viola Amherd (61).

Doch es kommt noch ärger: Das Parlament will die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Deshalb wird nun die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK) auf den Plan gerufen. «Die GPK wird prüfen, inwieweit sie die Thematik aufnehmen wird», sagt deren abtretende Präsidentin Prisca Birrer-Heimo (64). Die Verantwortlichen werden sich unangenehme Fragen gefallen lassen müssen.

Amherd erkenne keine Fehler bei sich

Blick-Recherchen zeigten: Ruchs Lebenswandel könnte ihn erpressbar machen. Es ging dabei unter anderem um Prostitution in Schweizer Botschaften. Dabei hatte Ruch als Botschafter 2019 die letzte erweiterte Personensicherheitsüberprüfung (PSP) durchlaufen, die höchste Stufe der Sicherheitsüberprüfungen beim Bund. Diese PSP wird alle fünf Jahre fällig.

Zur Besetzung der höchst sensiblen Stelle wäre es dem VBS frei gestanden, nochmals eine PSP durchführen zu lassen, bevor Ruch den Spitzenjob erhielt. Amherds Departement aber hat darauf verzichtet.

Dafür wurde eine Findungskommission eingesetzt, in der unter anderem Generalsekretär Markus Seiler (54) vom Aussendepartement sass. Auch der Ex-Geheimdienstchef schien keine Bedenken an der Personalie Ruch zu haben. Sprich: Sämtliche Sicherheitsmechanismen haben versagt.

Bei sich selber wolle Amherd keine Fehler erkennen. Das soll sie in der Sicherheitspolitischen Kommission klargemacht haben. «Sie beharrte darauf, dass es eine noch immer gültige PSP gegeben habe», verrät ein Kommissionsmitglied. Beim VBS will man sich an geltende Richtlinien gehalten haben.

Im VBS kein Einzelfall

Ein grosser Teil der Kommission soll allerdings die Haltung vertreten, dass gerade bei einer solch sensiblen Stelle wie dem obersten Sicherheitsverantwortlichen im Land eine erneute Sicherheitsüberprüfung angezeigt gewesen wäre. Dass das VBS darauf verzichtet habe, sei ein «grobes Versäumnis».

Kommt hinzu: Das ist kein Einzelfall. Erst im Frühling war bekanntgeworden, dass ein ehemaliger Sicherheitschef der Luftwaffe selber zum Sicherheitsrisiko geworden war. Private Schulden hätten ihn anfällig für Korruption gemacht. Pikant: Die Probleme hätten schon vor seiner Beförderung entdeckt werden können. Auch damals sei aber auf eine Sicherheitsprüfung verzichtet worden. Man habe auf die Gültigkeit der letzten vertraut.

Schon 2008 hatte die GPK die Personalsicherheitsprüfungen unter die Lupe genommen. Auslöser war damals die Ernennung von Roland Nef (64) zum Armeechef. Der damalige Verteidigungsminister Samuel Schmid (76) habe den Umstand, dass gegen Nef ein Strafverfahren wegen Nötigung und anderer Delikte gelaufen sei, «falsch eingeschätzt und damit in diesem Fall nicht die notwendige Sorgfalt walten lassen», hatte die GPK kritisiert.

Nun scheinen sich Fehler von damals zu wiederholen. «Es stellt sich die Frage, ob damalige Empfehlungen immer umgesetzt werden», sagt GPK-Präsidentin Birrer-Heimo.

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