An der Spitze der Reformierten Kirche war in den vergangenen Jahren die Hölle los. Im Mai 2020 trat der damalige Präsident der Evangelisch-reformierten Kirche (EKS) Gottfried Locher (55) überraschend zurück – per sofort. Eine ehemalige Mitarbeiterin warf ihm «Grenzverletzungen» vor, weitere Frauen äusserten den Vorwurf des Machtmissbrauchs.
Eine kircheninterne Untersuchung kam über ein Jahr später zum Schluss, dass Locher die ehemalige Angestellte, mit der er zeitweise eine Affäre hatte, sexuell belästigt habe. Die Rede war von einem «Missbrauch» und ungebührlichen Avancen am Arbeitsplatz.
Aus der Kirche ausgetreten
Locher hat inzwischen weitere Konsequenzen aus dem Kirchen-Skandal gezogen: Er sei aus der Kirche ausgetreten, berichtet der «Tages-Anzeiger» und stützt sich dabei auf zwei unabhängige Quellen, die nicht näher genannt werden. Locher selbst wolle sich zum Austritt nicht äussern.
Lochers Nachfolgerin an der Spitze der Refomierten, Rita Famos (56), teilt gegenüber dem «Tages-Anzeiger» mit, dass sein Austritt einem «Bruch mit der Kirche» gleichkomme. Er kann damit nicht mehr als Pfarrer tätig sein.
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Er weigerte sich, zu kooperieren
Der ehemalige EKS-Präsident und zweifache Familienvater war nach seinem Rücktritt abgetaucht. Nur einmal äusserte er sich seither in der Öffentlichkeit: In einem Interview mit der «Weltwoche», wo die Vorwürfe aber nur ganz am Rande zur Sprache kamen. Locher zeigte auch beim Untersuchungsverfahren keinerlei Kooperationsbereitschaft. Laut der Leiterin der Untersuchungskommission hat er auf keinen Kontaktversuch reagiert, was die Kirchenspitze harsch kritisierte. Zudem habe er den Rat – das leitende Organ der EKS – eingeschüchtert, was eines Präsidenten einer kirchlichen Institution «nicht würdig» sei, wie im Bericht festgehalten wurde.
Für die Reformierte Kirche ist die Causa Locher noch nicht abgeschlossen. Die Untersuchungskommission hatte über ein Dutzend Empfehlungen formuliert, über die das Kirchenparlament im Juni diskutiert. Zudem ist immer noch offen, ob und wie viel Entschädigung das Opfer erhält. Die Frau fordert 144'000 Franken. (lha)
