Nach Locher-Skandal
Diese Frau soll die Reformierten aus der Krise führen

Die evangelisch-reformierte Kirche hat Rita Famos zur neuen Präsidentin gewählt. Die Pfarrerin übernimmt das Amt von Gottfried Locher, gegen den noch immer eine Untersuchung läuft.
Publiziert: 02.11.2020 um 16:04 Uhr
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Aktualisiert: 02.02.2021 um 18:08 Uhr
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2018 war Rita Famos gegen Gottfried Locher angetreten. Er hatte damals die Wahl zum EKS-Präsidenten gewonnen.
Foto: Keystone

Zum ersten Mal in der Geschichte hat eine Frau das Sagen bei den Reformierten im Land. Die Zürcher Pfarrerin Rita Famos (54) ist neue Präsidentin der evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS). An einer virtuellen Delegiertenversammlung ist sie zur Nachfolgerin von Gottfried Locher (54) gewählt worden, der wegen massiver Vorwürfe im Mai zurücktreten musste. Locher soll seine Macht missbraucht und psychische und sexuelle «Grenzverletzungen» gegenüber Frauen begangen haben.

Famos hatte schon 2018 fürs höchste Amt in der reformierten Kirche kandidiert, war damals aber gegen Locher unterlegen.

Nun wartet auf die gebürtige Bündnerin ein schwieriger Job: Die reformierte Kirche steckt wegen des Skandals um den ehemaligen Präsidenten in der tiefsten Krise ihrer jüngeren Geschichte.

Locher soll mehrere Affären gehabt haben

Eine Beschwerde einer ehemaligen Mitarbeiterin Lochers hatte das Ganze ins Rollen gebracht. Zu den Grenzüberschreitungen soll es im Rahmen einer ausserehelichen Beziehung gekommen sein. Die Frau will sich bisher nicht öffentlich zu den konkreten Vorwürfen äussern. Im Zusammenhang mit den Enthüllungen kam es auch zum Rücktritt von EKS-Ratsmitglied Sabine Brändlin (47) – auch mit ihr hatte der verheiratete Familienvater Locher einst eine Affäre.

Die Kirche wollte die Vorwürfe zuerst nur intern klären. Erst nachdem mehrere Kantonalkirchen Druck machten, kündigte man eine externe Untersuchung an. Ende Jahr soll der Bericht der beauftragten Anwaltskanzlei vorliegen, wie heute bekannt gegeben wurde.

Meldestelle geschaffen

Derzeit laufen die Anhörungen der Betroffenen, wie die Leiterin der Kommission mitteilt. Bis Ende Jahr haben potenzielle weitere Opfer zudem die Möglichkeit, sich – auch anonym – an eine Meldestelle zu wenden. Im Sommer will die Untersuchungskommission der EKS dann das Ergebnis der Untersuchung vorlegen.

Neben Famos hatte auch die Westschweizer Pfarrerin Isabelle Graesslé (61) für Lochers Nachfolge kandidiert. Sie wäre die erste Vertretung der Westschweiz seit knapp 35 Jahren gewesen.

Vorschusslorbeeren für Famos

Doch die Romands müssen weiter warten. Die neugewählte EKS-Präsidentin Famos sagte nach ihrer Wahl in einer Videobotschaft, sie sei sehr glücklich über das Vertrauen, das man ihr schenke. Sie werde die Ärmel hochkrempeln und dazu beitragen, dass sich die evangelische Kirche bewege. Für Famos lebt die Kirche von der Vielfalt und der Arbeit an der Basis. Es gelte Zusammenzustehen und im Vertrauen auf Gottes Kraft den Dienst in der Nachfolge Christi zu leisten.

Die EKS steht wegen des Umgangs mit der Affäre in der Kritik. Die EKS sei durch die jüngsten Geschehnisse erschüttert worden und diese Krise sei noch nicht überwunden, heisst es. Famos sei eine Person mit einer geerdeten Theologie. Ihr wird zugetraut, das verlorene Vertrauen wieder aufzubauen. Sie sei die richtige für diese schwierige Lage. Deshalb hatten sich schon vor der Wahl verschiedene Delegierte der Kantonalkirchen für Famos ausgesprochen. (lha/SDA)

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