«Smoke on the Water», der berühmte Song von Deep Purple, bezieht sich zwar auf einen Brand in Montreux VD. Rauch in Form von Zigarettenqualm wird aber ganz sicher auch diesen Sommer über dem Genfersee wabern, wenn – sofern es die Pandemie erlaubt – das Montreux Jazz Festival beginnt.
Wie viele Musikfestivals findet auch Montreux dank Sponsorengeldern von Tabakmultis statt. Denn für diese sind Festivals attraktiv: Innert weniger Tage wird ein grosses Publikum erreicht, das vermutlich auch in Raucherlaune ist. Die Tabak-Initiative, die am 13. Februar zur Abstimmung kommt, will dem ein Ende machen: Tabakwerbung soll verboten werden, wenn sie wie an Festivals auch Jugendliche erreicht.
Bis zu einem Viertel Sponsoring-Gelder
Die Festivals träfe das unterschiedlich stark. Montreux etwa könnte durchaus ohne Tabakgelder. Laut einem Sprecher machten diese gerade einmal ein halbes Prozent des Budgets aus. Das sei «vernachlässigbar».
Ganz anders liegt der Fall für diverse Festivals in der Deutschschweiz, wie das St. Gallen Openair, das Frauenfeld im Thurgau oder das Heitere Openair in Zofingen AG. Dort macht der Zustupf von Tabakmultis 20 bis 25 Prozent aller Sponsoring-Einnahmen aus, wie Heitere-Organisator Christoph Bill (50) sagt. «Ein Wegfall wäre für uns einschneidend.»
Ähnlich klingt es auch bei kleineren Festivals, zum Beispiel das Festival Etziken in Solothurn, das um die 5500 Besucher anzieht: Etwa 18 Prozent der Sponsoringgelder stammen von einer Tabakfirma.
Party-Zelte mit Zutritt ab 18
Weil die typischerweise von den Tabakmultis gesponserten Party-Zelte jeweils erst ab 18 Jahren zugänglich sind, stellen sich die Festivals auf den Standpunkt, dass damit dem Jugendschutz schon stark Rechnung getragen wird. «Ausserhalb dieses Zeltes ist der Tabakpartner nicht mit Aktivierungen oder Werbung präsent», hält etwa der Sprecher des Openairs Frauenfeld fest.
Ohne Werbegelder der Tabakindustrie, so lassen alle vier durchblicken, bliebe wohl nichts anderes übrig, als die Ticketpreise anzuheben. Denn Alternativen seien kaum zu finden. «Es wird kein neuer Sponsor die Kultur unterstützen, nur weil die Tabakpartner wegfallen», heisst es beim Frauenfeld.
«Präsenz hat Wirkung»
Die Tabakmultis machen es den Festivals einfach, sagt Gesundheitsexperte Martin Bienlein. Sie würden sich als grosse Einzelsponsoren oft aufdrängen. Bienlein hat in einem Buch die Marketingmethoden der Tabakmultis unter die Lupe genommen – und kritisiert darin, dass die Firmen leugnen, sehr wohl Jugendliche als Zielgruppe zu haben.
In der Schweiz seien Festivals die Hauptmarketingorte für Tabakfirmen, sagt er. «Problematisch daran ist, dass Festivals zwar nicht nur, aber auch Jugendliche ansprechen.» Es brauche dabei gar nicht erst auf die Jugendlichen zugeschnittenes Marketing. «Unterschwellig werden sie dann oft vom Eingangstor bis zu den Lounges mit der gesponsorten Marke beschallt», kritisiert er. «Diese kontinuierliche Präsenz hat grosse Wirkung.»
Kommt die Initiative durch – und gemäss den ersten Umfragen sind die Aussichten dafür gut – müssten die Festivals umzudenken. «Sie müssen sich eben entscheiden, ob sie das Tabakgeld wollen – oder die Jugendlichen». Wenn keine Minderjährigen Zutritt haben, käme auch das Werbeverbot nicht zum Zug.
Lungenliga statt Tabakgeld
Den Klagen und Warnungen aus St. Gallen oder dem Thurgau zum Trotz: Es gibt durchaus Festivals, die ohne Bares von Big Tobacco auskommen. Seit ein paar Jahren verzichtet etwa das Berner Gurtenfestival darauf, eben so das Cité Festival in Lausanne.
Während das Gurtenfestival als eines der teuersten der Schweiz gilt, hat das Cité wegen des Verzichts auf die Tabaksponsoren Geld verloren, wie Leiterin Miriam Kridi kürzlich gegenüber dem Westschweizer Radio RTS sagte. Möglich sei der Verzicht in erster Linie gewesen, weil die ersten Jahre ein anderer Sponsor in die Bresche gesprungen sei: die Waadtländer Lungenliga.