Was regelmässig für Kritik gesorgt hat, wird nun stillschweigend hingenommen. Aufgrund der bewaffneten Konflikte in der Ukraine und im Gazastreifen wird Verteidigungsministerin Viola Amherd (61, Mitte) mit dem Armeeprogramm 2024 widerstandslos weitere Munitionsvorräte beschaffen können – obwohl die vorhandenen Reserven bereits beträchtlich sind. Die Forderung, den Fokus auf die Cyberabwehr und moderne Kriegsführung zu legen, findet kaum mehr Gehör.
Zwar liegt die Einkaufsliste für das laufende Jahr noch nicht vor, doch Armeesprecher Mathias Volken macht bereits deutlich: «Die Bestände an Einsatzmunition werden nun erhöht, um die Durchhalte- und so auch die Verteidigungsfähigkeit wieder zu verbessern.»
Vorräte für F/A-18-Kampfflugzeuge, Panzer und Artillerie
Dabei sind die Bestände an Übungs- und Einsatzmunition schon jetzt eindrücklich: Sie werden mit einem Wert von 3,4 Milliarden Franken bewertet, wie Volken auf Anfrage sagt. Das ist mehr als die Hälfte des Betrags, den die neuen Kampfjets F-35 kosten werden.
Genaue Bestände legt Volken nicht dar, weil die Zahlen klassifiziert sind. Grundsätzlich machten aber die Vorräte für die Hauptwaffensysteme, also F/A-18-Kampfflugzeuge, Leopard-Kampfpanzer und Artillerie, einen hohen Anteil des Gesamtwerts aus.
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Dieser in der Staatsrechnung verbuchte Betrag schwankte in den letzten zehn Jahren nur unwesentlich. Das liegt daran, dass parallel zu regelmässigen Munitionskäufen – teilweise in dreistelliger Millionenhöhe – kontinuierlich Bestände vernichtet werden müssen. Armeesprecher Volken erklärt: Sobald Munition die Anforderungen an Sicherheit und Wirksamkeit nicht mehr erfülle, sei man verpflichtet, diesen Bestand zu revidieren oder zu entsorgen. «Dieser Prozess findet laufend statt.» Zudem müssten Vorräte ebenso beseitigt werden, wenn Waffensysteme aus militärischen Überlegungen ausgemustert würden; oder wenn wie im Fall der Streumunition ein Verbot für die Weiterverwendung in Kraft trete.
Entsorgungskosten im siebenstelligen Bereich
Wie viel teuer beschaffte, ungebrauchte Munition die Armee in den letzten Jahren vernichten musste, gibt Volken nicht preis, weil dies auf die geheim gehaltenen Bestände schliessen liesse. Bekannt ist aber, dass allein die Entsorgung von Vorräten jährlich einen siebenstelligen Betrag kostet. 2021 etwa waren es 1,3 Millionen Franken, wie aus der damaligen Armeebotschaft hervorgeht.
In den beiden Folgejahren wurde dieser Posten nicht mehr separat ausgewiesen, aber für die Ausmusterung von Armeematerial und Munition wurden 2022 und 2023 gesamthaft über 15 Millionen Franken budgetiert. Auch für das laufende Jahr werde voraussichtlich ein Kredit dafür beantragt, sagt Mathias Volken.
Vorrat bestimmt Durchhaltefähigkeit einer Armee
Da die neutrale Schweiz keine überzählige Munition an andere Länder weitergibt, kommt es nach Ablauf der Haltefristen zu grossen Entsorgungen – und gleichzeitig neuen Beschaffungen. Auch aufgrund von Erkenntnissen aus dem Ukraine-Krieg.
«Die Durchhaltefähigkeit einer Armee ist massgeblich vom Vorrat an Munition und Material bestimmt», betont Volken. Wie lange die jetzigen Bestände in einem Ernstfall reichen würden, lasse sich aber nicht benennen. Das hänge von der Art eines Angriffs ab.