Der französische Flugzeugbauer Dassault steht unter heftigem Beschuss. Im eigenen Land wird dem Konzern Korruption vorgeworfen. Auch der Staat soll in die Affäre verwickelt sein – bis in allerhöchste Kreise. Sogar der ehemalige Staatspräsident François Hollande (66) und sein Nachfolger Emmanuel Macron (43) werden in den sogenannten «Rafale Papers» genannt, die die französische Internet-Zeitung Mediapart enthüllt hat.
Dassault gehört zu den vier Anbietern, die um einen Schweizer Rüstungsauftrag buhlen. Es geht um viel Geld: Für sechs Milliarden Franken will der Bund neue Kampfjets kaufen. Spätestens vor den Sommerferien will der Bundesrat den Typenentscheid fällen. Allerdings verzögert sich der Evaluationsbericht, wie die «NZZ» kürzlich berichtete. Ausgerechnet in dieser entscheidenden Phase hat Dassault ein Glaubwürdigkeitsproblem.
In Millionenhöhe: «Geschenk an Kunden»
2016 verkaufte Frankreich für satte 7,8 Milliarden Euro 36 Rafale-Kampfjets an Indien. Ein grosser Erfolg für Dassault und die französische Regierung. Nur: Dabei scheint nicht alles mit rechten Dingen zugegangen zu sein. Die französische Antikorruptions-Behörde war 2018 bei Dassault und Tochterfirmen auf Zahlungen in Millionenhöhe aufmerksam geworden – aufgeführt als «Geschenk an Kunden».
Die «Rafale Papers» weisen darauf hin, dass über indische Mittelsmänner Geld an indische Beamte geflossen ist. Indische Ermittler gingen von Bestechungsgeldern aus. So sei auch Konkurrent Airbus ausgebootet worden. Die Verbandlungen sollen so weit gegangen sein, dass aus Indien sogar Geld für einen Film floss, der von Hollandes Partnerin, der Schauspielerin Julie Gayet (48), koproduziert wurde.
Die französischen Ermittlungsbehörden aber gingen der Sache nicht auf den Grund, was sogar intern umstritten gewesen sein soll. Begründet wurde das Vorgehen mit «nationalen Interessen». Weder Dassault noch die zuständigen französischen Behörden und Regierungsvertreter wollten Stellung nehmen.
Für GSoA ganz normal – VBS will alles dagegen tun
Die Ereignisse werden von der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) gespannt verfolgt. Kampfjet-Deals seien sehr lukrativ und prestigeträchtig. «Käme es in der Schweiz nicht zu ähnlichen Korruptionsfällen, wäre dies eher die Ausnahme als die Norm», sagt Sprecher Jonas Kampus (19). Es sei davon auszugehen, dass auch im Schweizer Beschaffungsprozess mit unlauteren Mitteln gerungen wird.
Viola Amherds (58) Verteidigungsdepartement VBS, das den Kauf der Jets vorbereitet, will sich zu den Schlagzeilen aus unserem Nachbarland nicht äussern. Dabei ist Dassault nicht der erste der vier Anbieter, der in einen Schmiergeld-Skandal verwickelt ist. Vor einem Jahr musste auch Airbus Korruption eingestehen. Es sei zu «politischen Zuwendungen» beim Eurofighter-Geschäft mit Österreich gekommen. Insgesamt rund 55 Millionen Euro. Trotz Strafzahlungen wurde die Klage eingestellt.
Der Bundesrat nehme die Korruptionsprävention denn auch sehr ernst, versichert VBS-Sprecherin Mireille Fleury. «Der gute Ruf der Bundesverwaltung hängt wesentlich vom Vertrauen ab, das ihr die Öffentlichkeit entgegenbringt.» Um Korruption zu verhindern, seien daher verschiedene Sicherheitshürden ergriffen worden. So hätten Mitarbeitende etwa nur jene Informationen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgabe benötigen. Niemand verfüge über alle relevanten Projektinformationen.
Sogar Apéro-Verbot für VBS-Beamte
Mitte-Bundesrätin Amherd war aber sogar noch weiter gegangen. Kurz nach der Kampfjet-Abstimmung im vergangenen September verhängte sie für Mitarbeitende ein Verbot von Apéros, Empfängen und Konferenzen, falls dort einer der vier Flugzeuganbieter mitwirkt. Nur schon der Verdacht von Korruption soll auf jeden Fall vermieden werden.
Die armeekritische GSoA lässt sich davon nicht beruhigen. «Armee und Armasuisse sind bekannt für ihre skandalträchtigen Beschaffungen», sagt Kampus. «Die GSoA hat kein Vertrauen in die Armee oder das VBS.» Sie werde den Beschaffungsprozess genau beobachten und bei jeder Ungereimtheit «mit allen möglichen Mitteln» intervenieren.