Es war ein Schuss vor den Bug. Gerade mal 50,1 Prozent der Schweizer stimmten für neue Kampfflugzeuge. Auch dem Verteidigungsdepartement (VBS) ist klar: Im weiteren Beschaffungsprozess dürfen keine Fehler passieren.
Denn die Gegner warten nur darauf. «Bei Beschaffungen des VBS gab es regelmässig Theater und Kostenüberschreitungen», sagt Grünen-Nationalrätin Marionna Schlatter (39). Und für SP-Fraktionschef Roger Nordmann (47) «muss Schluss damit sein, Rüstungsgüter durch Extrawünsche zu verteuern». Sollte es bei der Typen-Wahl zu Unregelmässigkeiten kommen, will die Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) eine Initiative starten, um den Kauf doch noch zu stoppen.
VBS will nur schon den Anschein von Korruption vermeiden
Fehler will das VBS deshalb unbedingt vermeiden. Und es geht dafür weit: Mit einem internen Schreiben, das BLICK vorliegt, hat Verteidigungsministerin Viola Amherd (58) für Mitarbeitende ein Verbot von Apéros, Empfängen und Konferenzen verhängt, falls dort einer der vier Flugzeuganbieter mitwirkt – eine Regel, die bereits im Hinblick auf die Abstimmung vom Sonntag galt.
«Die Handlungsrichtlinien dienen auch dazu, dass in der Öffentlichkeit nicht der Eindruck von Begünstigungen oder potenzieller Beeinflussung entsteht», so Amherd. Nur schon der Verdacht von Korruption, wie er etwa in Österreich aufgetreten ist, soll auf jeden Fall vermieden werden. Auch Leserbriefe oder Beiträge in den sozialen Medien sind für Beamte tabu.
Anbieter geloben Zurückhaltung
Die Anbieter selber sind ebenfalls weiterhin zur Zurückhaltung angehalten. Noch sind vier im Rennen: die US-Hersteller Lockheed Martin mit dem F-35 sowie Boeing mit dem Super Hornet, ausserdem der Rafale-Jet des französischen Konzerns Dassault und der Eurofighter von Airbus. Diese wollen ihre «Informations-Angebote» nun zwar hochfahren, haben aber schon verschiedentlich gelobt, sich nicht in Entscheidungsprozesse einzumischen.
Hinter den Kulissen bringen sich die Anbieter aber in Position. Auch ihnen ist klar: Es kann nur ein Flugzeugtyp das Rennen machen, der auf öffentliche Akzeptanz stösst.
Bis heute hat niemand den Gesamtüberblick
Parallel dazu hat das VBS im Auswahlverfahren diverse Sicherungen eingebaut, damit es möglichst nicht beeinflusst werden kann. Im Auswahlverfahren sieht jeder einzelne Fachspezialist nur jenen Teil der Offerten, mit dem er beschäftigt ist.
Bis heute hat niemand den Gesamtüberblick und kann sagen, welcher Jet vorne liegt. Erst Anfang 2021 werden die Resultate der einzelnen Bereiche zusammengeführt. Dann wird der Evaluationsbericht verfasst und mit einer Empfehlung dem Bundesrat vorgelegt.
So will das VBS im Auswahlverfahren möglichst keine Angriffsfläche bieten. Auf eine ähnlich nervenaufreibende Abstimmung wie am Sonntag kann man verzichten.