1947 ist in Mitholz im Berner Oberland ein Munitionslager durch Explosionen teilweise eingestürzt. Hunderte Tonnen Sprengstoff blieben bis heute in den Trümmern zurück. Das Thema ist bis heute explosiv.
Nun wird geplant, wie die gefährlichen Munitionsrückstände beseitigt und das Gebiet im Umkreis von Mitholz von den Schadstoffen befreit werden soll. Damit soll die Gefahr von weiteren Explosionen beseitigt werden. Das kostet jedoch eine ganze Stange Geld: 2,59 Milliarden Franken beantragt der Bundesrat für die Arbeiten, die rund 25 Jahre dauern sollen.
Die Mehrheit der zuständigen Sicherheitskommission (Sik) im Nationalrat findet, dass das Geld gut investiert sei – nachdem die Kommission das Geschäft zunächst für weitere Abklärungen stoppte.
SVP ist nicht zufrieden
Mit der Sistierung waren denn einige Personen im Oberland überhaupt nicht zufrieden. Das liessen sie auch die Mitglieder der Sik spüren. «Ich habe noch nie so viel Post zu einem Geschäft erhalten», sagt Mauro Tuena (51), SVP-Nationalrat und Kommissionspräsident. Einige Briefe seien sehr emotional, jedoch anständig verfasst gewesen.
Weiter habe er aber auch unfreundliche Post erhalten. Darunter war auch ein anonym verschicktes Päckli mit Sand und faustgrossem Stein. «Man teilte mir mit, ich solle damit den ‹Groove von Mitholz› erleben, und wie es ist, wenn einem Sand und Steine ungebeten um die Ohren fliegen», so Tuena.
Beeindrucken lässt er sich von der ungebetenen Post nicht: Er und seine Parteikollegen wollen den Krediten nicht so einfach zustimmen. Eine SVP-Mehrheit will das Geschäft für weitere Abklärungen und eine Lagebeurteilung zu anderen Varianten an den Bundesrat zurückweisen.
Die Mitholzer Steine hat Tuena inzwischen «der Natur zurückgegeben», wie er gegenüber Blick sagt.
20 Häuser gelten als unbewohnbar
Auch Grünen-Nationalrat Gerhard Andrey (47) und Melanie Mettler (45) von der GLP betonen, dass sie im Verhältnis zu der Anzahl der tatsächlich direkt betroffenen Menschen sehr zahlreiche Zuschriften erhalten hätten. «Es handelt sich bei dieser Räumung aber um sehr weitreichende individuelle Konsequenzen, weshalb ich die Intensität und Emotionalität verstehe», so Andrey. Mineralien aus Mitholz hatten die beiden angefragten Mitglieder der Sik nicht erhalten.
Bewohner von 20 Häusern im Dorf müssen aufgrund der Beseitigung der Munitionsrückstände bis 2025 ihre Häuser verlassen – die Minenräumung ist zu gefährlich. Betroffen sind rund 50 Personen in Mitholz. Erste davon sind schon weggezogen.
Gemeindepräsident schrieb nach Bern
Auch der Gemeindepräsident von Kandergrund, zu dem Mitholz gehört, wandte sich in einem Brief an die Politiker in Bern. Roman Lanz wollte vor der Diskussion den Zuständigen in Bundesbern mitteilen, dass nur die Räumung der Munition das Problem löse. «Gerade für junge Menschen in der Gemeinde ist es wichtig, dass das Problem eher heute denn morgen behoben wird», so Lanz zu Blick.
Die Bevölkerung leide unter den Unsicherheiten. Gerade die Einflussnahme von auswärtigen Personen habe im Dorf zu einer «Spaltung der Bevölkerung geführt», heisst es in seinem Schreiben an die Sik-Parlamentarier. Wer hinter der Stein-Sendung an den Sik-Präsidenten stecke, wisse er nicht.
Das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) geht heute davon aus, dass noch immer 1500 Tonnen sogenannte umsetzungsfähige Munition im Berg schlummern. Genau weiss es das VBS nicht, es gibt lediglich Schätzungen aufgrund historischer Dokumente sowie Erkenntnisse aus Sondiergrabungen.